Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Unterwerfung
  2. God bless the USA!
  3. Massive Katholiken-Welle - Trump wird neuer und alter US-Präsident
  4. Entwöhnung von der Eucharistie
  5. Initiative Neuer Anfang: „Der Synodale Weg beruht auf einer Erpressung“
  6. Ziele des deutschen Synodalen Weges und der Weltbischofssynode gehen nicht Hand in Hand!
  7. Da war doch was…
  8. Das Erzbistum München wird noch 'queerer'
  9. Wirr, wirrer, die Grünen!
  10. US-Hexen beklagen sich, dass ihre Zaubersprüche gegen Trump nicht funktionieren
  11. Die Petrusbruderschaft wächst weiter und ist überraschend jung: Durchschnittsalter 39 Jahre
  12. Papst Franziskus besucht umstrittene kranke Politikerin Bonino in Rom
  13. Bistum Würzburg hat sein Twitter-Profil endgültig gelöscht
  14. Journalistin Julia Ruhs: „Eine Person bezeichnete mich vor versammelter Menge als ‚rechtsextrem‘“
  15. Ostkirchen-Expertin kritisiert vatikanische Ukraine-Diplomatie

Tag 199: Hello Mr. President

8. April 2015 in Buchtipp, keine Lesermeinung
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Auszug 3 aus dem "Tagebuch eines Jerusalempilgers. 14.000 Kilometer - 14.000 Hunde - Ein Priester" von Johannes Maria Schwarz


Linz (kath.net) Aus der leisen Vorahnung von gestern Abend war bis zum Morgen laute Gewissheit geworden. Viel Lärm, wenig Schlaf. Als um vier Uhr Neuankömmlinge zwei Meter neben meinem Zelt das Auto abstellten und die Geräuschkulisse um einige Facetten reicher wurde, war ich nur mehr ein Häuflein Elend mit Schlafentzug. Geschätzte 40 Minuten habe ich, auf die nächsten drei Stunden verteilt, noch gedöst und dann mein Zelt abgebrochen. Nebenan posierten im Halbdunkel arabische Teenager mit angespannten Muskeln im Blitzlicht der Handykameras. Damit war Facebook zweifellos wieder um einige Ultra-coole-Sonnenbrillen-auf-der-Nasenspitze-Selfies reicher.

Müde brach ich auf und suchte den Weg in die Berge nach Mukawir. Ich war noch keinen Kilometer unterwegs, als ich eine ganze Meile von Straßencampern passierte. Sie hatten das islamische Wochenende für einen Ausflug zu den heißen Quellen genutzt. Street-Sleeping, auf Decken neben dem Auto. Am Ende dieses Auflaufs, der zu dieser Stunde noch in der Horizontalen weilte, fand ich meine Abzweigung und ich begann den steilen Aufstieg. Unterwegs passierte ich den dampfenden Bach, der die Menschen hierhergelockt hatte. Kein Schwefelgeruch, nur extrem heißes Wasser, das sich weiter unten zwischen Palmen und dichtem Grün verlor. Selbstverständlich mussten da nun meine Füße rein und nach kurzem Zögern nutzte ich die Gelegenheit zu einer ausführlichen Körperpflege.

Erfrischt setzte ich meinen Weg fort. Meine Route führte nun immer höher auf einen Bergzug aus dunklem Gestein, der nach Norden spektakulär in ein tiefes Wadi abfiel. In der faszinierenden, vegetationslosen Landschaft kam ich an einigen Beduinenzelten vorbei. Aber was die Ziegen hier zu fressen fanden, blieb mir ein Rätsel. Nach zwei Stunden erreichte ich eine gut ausgebaute, praktisch unbefahrene Straße. Sie führte in einer völlig neuen Definition von „steil“ ein paar kurze Serpentinen hoch in das Bergland. Mein erstes Ziel lag nun in Blickweite. Machaerus war eine von Herodes zum Palast umgestaltete Burg, in der, gemäß dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus Flavius, Johannes der Täufer enthauptet worden war. Hier hatte Salome getanzt, in einer Ecke mit der Mutter ihren Lohn besprochen und den Kopf meines Namenspatrons eingefordert. Für mich war der Besuch dieser Stätte, die ich eine ganze Stunde über völlig für mich allein hatte, doch bewegend. Und während ich in der Mittagshitze aus dem Schatten einer Säule auf die kargen Hügel blickte und an die Entbehrungen von Johannes im Kerker dachte, beschlich mich Beschämung über meine eigene so geringe Leidensfähigkeit.


Nach der Mittagsrast setzte ich meinen Weg über die Berge fort. In Anbetracht der kommenden ortslosen Kilometer war ich froh, dass ein kleiner Obst- und Gemüsetransporter vorüber kam, der etwas Arabisches durch die Lautsprecher in die zerstreute Häusersiedlung plärrte. Mein Einkauf: ein Kilo Tomaten, ein Kilo Orangen. Zu Trinken bekam ich einige Kilometer später von der örtlichen Jordanian Civil Defense. Und wieder etwas später stand dann ein kleiner Laden mit Bäckerei in der einsamen Landschaft. Vom Rationierungsplan bis zum Überangebot innert einer Stunde. So kann es manchmal gehen.

In den späten Nachmittagsstunden erreichte ich den Rand des Wadis Heedan. Die Sonne tauchte diesen tiefen Riss in der Erdkruste in zahlreiche Schattierungen von gelb bis rot. Entlang der kurvigen Straße ins Tal warf sich eine ältere Frau auf ihrem Teppich am Straßenrand in Richtung Mekka, während vier junge Männer vor dem Auto warteten und rauchten. Ein paar Burschen kamen auf Eseln die steile Straße herauf und fragten mich nach Wasser. Dank der Civil Defense und dem Laden hatte ich nun mehr als genug und half gerne. Als ich weiter unten im Tal von der Straße abbog, um einen möglichen Schlafplatz zu erkunden, kam mir ein Beduine mit einer Herde Ziegen entgegen.

Der 23-Jährige Anas sprach etwas Englisch, warnte mich vor all den gefährlichen Tieren und bestand darauf, dass ich ihm nach Hause folgte. Und so saß ich eine Viertelstunde später im offenen Bereich des Zelts, dessen grober Stoff mit den Jutesäcken eines indischen Kaffeeimporteurs geflickt worden war. Hier lernte ich drei weitere der insgesamt neun Brüder kennen. Die Frauen, mit Ausnahme der Mutter, die man mir kurz vorstellte, blieben im hinteren, mit Stoff abgetrennten Bereich des Zeltes, dort wo sich die Küche befand.

Reisenden in den Ländern des Nahen Ostens wird in der Regel empfohlen, zwei Themenbereiche zu meiden: Politik und Religion. Beide Themen waren schon bald der Gesprächsstoff auf den Polstern rund ums Feuer. Dabei hatte alles sehr unschuldig mit meiner Frage nach dem Namen des Hirtenhundes begonnen. Es sei sein bestes Tier, erklärte Ahmet stolz. Sein Name sei Bush – George W. Es war eine wenig schmeichelhafte Hommage an den ehemaligen US-Präsidenten, der in den Augen meiner Gastgeber die katastrophalen Zustände im Irak zu verantworten hatte. Ich konnte damit punkten, dass sich die österreichische Außenpolitik schon lange lediglich auf die globale Verbreitung von Mozartkugeln beschränkte und langsam gelang es mir, das Thema wieder in andere Bahnen zu lenken. Womit wir natürlich bald bei der Religion gelandet waren. Neben Fladenbrot und hervorragenden Speisen wurde mir als katholischem khouri (Priester) auch die etwas heikle Frage serviert, was ich über Mohammed denke. „Good man or bad man?“, wollte Anis in aller Einfachheit wissen. Im Versuch, mit dem notwendigen Feingefühl und den erforderlichen Differenzierungen, klar zu sprechen, ohne dabei jemanden vor den Kopf zu stoßen, begann ich, die christliche Botschaft von Jesus und seine Umdeutung im Islam als Ausgangspunkt zu nehmen. Während ich meine Wertschätzung für Aspekte des muslimischen Gebetslebens hervorheben konnte, wurde deutlich, dass Jesus nicht beides sein konnte: Sohn Gottes und lediglich ein Prophet. Weil nun der Koran ersteres ausdrücklich ausschloss, für mich aber genau dies im Kern meines Glaubens stand, konnte ich als Christ in Mohammed keinen Propheten sehen. Damit konnte ich an etwas anknüpfen, dass ich in einer der ersten Suren des Korans gelesen hatte und das Gespräch, das weiterhin sehr freundschaftlich geführt wurde, ging wenig später wieder neue, unverfänglichere Wege.

Um halb elf war dann Schluss und man bettete sich dort auf den Polstern, wo man gegessen und geredet hatte, zur Nacht. Das Feuer erstarb. Es wurde still. Nur Gelsen surrten um mein Haupt. Für sie galt das islamische Genussverbot für Blut ja leider nicht.

Dr. theol. Johannes Maria Schwarz ist Priester des Erzbistums Vaduz/Liechtenstein, Vizedirektor des Priesterseminars Leopoldinum/Heiligenkreuz und kath.net-Mitarbeiter. Siehe auch kathpedia: Johannes Maria Schwarz. Näher kennenlernen kann man ihm auch im Beitrag von Alexa Gaspari: „Unterwegs sein mit Gott“.

kath.net-Buchtipp:
Tagebuch eines Jerusalempilgers: 14.000 Kilometer - 14.000 Hunde - Ein Priester.
Von Johannes Maria Schwarz
Gebundene Ausgabe, 464 Seiten
Eigenverlag 2015
ISBN: 978-3200039773
Preis 15,90

Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern - Lieferbar nach Verlagsangabe ab dem 26.3.:

- Link zum kathShop

- Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus:

Für Bestellungen aus Österreich und Deutschland: buch@kath.net

Für Bestellungen aus der Schweiz: buch-schweiz@kath.net
Alle Bücher und Medien können direkt bei KATH.NET in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus (Auslieferung Österreich und Deutschland) und dem RAPHAEL Buchversand (Auslieferung Schweiz) bestellt werden. Es werden die anteiligen Portokosten dazugerechnet. Die Bestellungen werden in den jeweiligen Ländern (A, D, CH) aufgegeben, dadurch entstehen nur Inlandsportokosten.

Titelblatt des Buches



Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Pilger

  1. Pilgerwege durch Österreich führen einen britischen Richter in die katholische Kirche
  2. Jakobsweg nach vier Monaten Corona-Schließung wieder offen
  3. Kardinal Burke empfiehlt Pilgerfahrten zur Vertiefung des Glaubens
  4. Zwei Millionen Pilger beim Marienfest "Cirio de Nazare" in Belem
  5. Unfassbar: 50-jährige Pilgerin auf Jakobsweg vergewaltigt
  6. Papst: Seid dann mal weg
  7. Die Siebenkirchenwallfahrt
  8. Tag 219: Hörst du die Regenwürmer husten?
  9. Tag 187: Faustdick Fistik
  10. Tag 140: Zwei Gipfelstürmer







Top-15

meist-gelesen

  1. Malta - Fronleichnam 2025 - Auf den Spuren des Hl. Paulus - Mit Michael Hesemann und P. Leo Maasburg
  2. Unterwerfung
  3. Entwöhnung von der Eucharistie
  4. God bless the USA!
  5. US-Hexen beklagen sich, dass ihre Zaubersprüche gegen Trump nicht funktionieren
  6. Initiative Neuer Anfang: „Der Synodale Weg beruht auf einer Erpressung“
  7. Es geht los! ANMELDUNG für die große Baltikum-Reise mit kath.net - Spätsommer 2025
  8. Da war doch was…
  9. Massive Katholiken-Welle - Trump wird neuer und alter US-Präsident
  10. Ziele des deutschen Synodalen Weges und der Weltbischofssynode gehen nicht Hand in Hand!
  11. Das Erzbistum München wird noch 'queerer'
  12. Valencia: Kirche blieb inmitten der Zerstörung verschont
  13. Die Petrusbruderschaft wächst weiter und ist überraschend jung: Durchschnittsalter 39 Jahre
  14. Dokumentation über Papst Benedikt XVI. gewinnt Emmy
  15. Interview mit einem Exorzisten bricht Rekorde

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz