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Bevorstehende Bischofssynode: Bischof Meier „muss Erwartungen um sogenannte Reizthemen dämpfen“

24. September 2024 in Interview, keine Lesermeinung
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Augsburger Bischof gegenüber der Katholischen SonntagsZeitung: „Es wäre eine Überforderung der Synode, wenn man all die aufgeworfenen Fragen und Problemkreise in vier Wochen abarbeiten wollte“ – „Es bleibt also spannend“


Rom-Augsburg (kath.net/Katholische SonntagsZeitung) Die Ewige Stadt Rom ruft erneut, und die Bischöfe, Delegierten und „besonderen Gäste“ aus aller Welt kommen: Die mit Spannung erwartete Weltbischofssynode geht in die zweite Runde. Mit dabei ist wie schon im Vorjahr der Augsburger Diözesanbischof Bertram Meier, zugleich Weltkirchebischof in Deutschland. Im Exklusivinterview mit der Katholischen SonntagsZeitung schildert er seine Erwartungen. Das Interview führten Johannes Müller und Ulrich Schwab.

Katholische SonntagsZeitung: Herr Bischof, am 2. Oktober beginnt die zweite Runde der Weltbischofssynode. Sie sind einer der drei Delegierten der deutschen Bischöfe. Freuen Sie sich auf Rom, oder nimmt die Synodenpflicht eher Platz weg für andere wichtige Termine?

Bischof Bertram Meier: Zwei Seelen schlagen hier in meiner Brust. Einerseits freue ich mich immer, wenn Rom auf meinem Reiseprogramm steht. Viele Jahre habe ich in der Ewigen Stadt gelebt, studiert und gearbeitet. Gern kehre ich ab und zu an meine ehemalige Wirkungsstätte zurück. Andererseits weiß ich, dass mein erster Einsatzort das Bistum Augsburg ist, das mir Papst Franziskus anvertraut hat.

Als Bischof sehe ich mich verpflichtet, zunächst für die Diözese da zu sein. Das kann man nicht aus der Ferne machen. Das erfordert Präsenz vor Ort. In diesen Wochen startet das neue Arbeitsjahr. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass meine Mitwirkung in Rom auch das diözesane Leben bei uns befruchten kann.

Katholische SonntagsZeitung: Sie haben nach der Synode im letzten Jahr gesagt: „Die Worte müssen keimen.“ Welches der Themen, die besprochen wurden, ist aufgekeimt? Sind Dinge klarer geworden oder andere mehr in den Hintergrund getreten?

Bischof Meier: Bei der Synode im vergangenen Jahr haben wir uns mit der Frage beschäftigt: Wie kann eine synodale Kirche aussehen? Was zeichnet sie aus? Wie wird sie gelebt? Es war eine glückliche Fügung, dass die Versammlung in Rom mitten ins Ulrichsjubiläum fiel, das unter dem Motto stand: Mit dem Ohr des Herzens. Unser Jubiläumsjahr ist mittlerweile abgeschlossen, aber die Frage nach der synodalen Kirche geht weiter.

Nicht durch Zufall trägt das Instrumentum laboris (Arbeitshilfe), das den Gesprächen der Synode in Rom zugrunde liegt, den Titel: Wie wir eine missionarisch-synodale Kirche sein können. – Das heißt konkret: Synodale Erneuerung der Kirche meint nicht, um uns selbst zu kreisen, sondern zielt darauf ab, nach draußen zu gehen, das heißt missionarisch Kirche zu sein. Der Papst spricht hier gern von der missionarischen Jüngerschaft. Es wird also weniger um Detailfragen gehen, sondern um unsere Lebensform als Kirche. Wir müssen Synodalität als Profil der Kirche weiter schärfen.


Katholische SonntagsZeitung: Das Arbeitspapier zur Synode macht Vorschläge, dass es in der Kirche mehr Mitbestimmung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geben soll: Ist das Papier in Ihren Augen eine gute Grundlage für die Beratungen?

Bischof Meier: In jedem Fall. Lassen Sie es mich mit einem Beispiel erklären, das gerade uns Bischöfe und damit auch die Ortskirchen betrifft. Ich berufe mich ausdrücklich auf die Arbeitshilfe. Dort heißt es: „In einer synodalen Kirche ist die Entscheidungskompetenz des Bischofs, des Bischofskollegiums und des römischen Papstes unantastbar, da sie in der von Christus verfügten hierarchischen Struktur der Kirche verwurzelt ist. Sie ist jedoch nicht bedingungslos. Eine Leitlinie, die sich im Konsultationsprozess als Ergebnis einer angemessenen Unterscheidung herauskristallisiert, kann nicht ignoriert werden, insbesondere wenn sie von den partizipatorischen Organen der Ortskirche ausgeführt wird.“

Ein Gegeneinander von Konsultation und Beschlussfassung ist unangemessen, wie die Arbeitshilfe ausführt: „In der Kirche findet die Beschlussfassung mit Hilfe aller statt, jedoch nie ohne die geistliche Autorität, die kraft ihres Amtes entscheidet.“ (Nr. 70) Auch Transparenz und Rechenschaft sind unabdingbar – und zwar auf allen Ebenen. Die Arbeitshilfe ist hier sehr klar: „Während die Praxis der Rechenschaftspflicht gegenüber den Vorgesetzten über die Jahrhunderte weg beibehalten wurde, ist die Dimension der Rechenschaftspflicht der Autoritätspersonen gegenüber der Gemeinschaft wiederherzustellen.“ (Nr. 77)

Katholische SonntagsZeitung: Im vorigen Jahr haben Sie erwartet, dass nun im zweiten Teil einige Reizthemen auf die Tagesordnung kommen. Worauf stellen Sie sich da ein?

Bischof Meier: Die Synodenversammlung vor einem Jahr war auch eine Art Stoffsammlung. Daraus ist ein großer Themenspeicher entstanden. Ein Ergebnis dessen ist das Abschlussdokument, das damals mit überwältigender Mehrheit verabschiedet wurde. Es wäre eine Überforderung der Synode, wenn man all die aufgeworfenen Fragen und Problemkreise in vier Wochen abarbeiten wollte.

So muss ich Erwartungen um die sogenannten Reizthemen dämpfen. Dennoch sind diese Themen nicht verloren oder gar dem Vergessen anheimgegeben. Und es wird sicher niemandem ein Maulkorb verpasst. Papst Franziskus ist es ein Anliegen, dass die vielfältigen und zum Teil komplizierten Themen weiterbearbeitet werden. Aber das geschieht nicht im Galopp. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Deshalb hat der Papst zehn Studiengruppen ins Leben gerufen, die sich den Themen widmen und zu gegebener Zeit Ergebnisse liefern sollen. Es bleibt also spannend.

Katholische SonntagsZeitung: Eine „effektive Synodalität“ nannten Sie als Ziel. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Synode dafür Grundlagen schaffen wird?

Bischof Meier: Im Mittelpunkt der Beratungen soll die Frage stehen: Wie können wir eine synodale Kirche in der Sendung sein? Einen interessanten Anknüpfungspunkt liefert für mich ein Begriff in der Arbeitshilfe: Beziehung. Ganz oben steht unsere Beziehung zum dreifaltigen Gott. Dann geht es um die Beziehungen zwischen Männern und Frauen, in denen der Heilige Geist jedem Menschen die Fähigkeit schenkt, auf unterschiedliche Weise zum Wohl aller zu handeln. Wir nennen das charismenorientierte Seelsorge.

Dann weitet sich der Blick zu den Beziehungen zwischen den Kirchen (Ökumene), die der EinenWelt dienen sollen. Sehr interessant finde ich den Vorschlag, darüber nachzudenken, „einen anerkannten und möglicherweise instituierten Dienst des Zuhörens und der Begleitung“ zu schaffen: „Es bedarf einer ‚offenen Tür‘ der Gemeinschaft, durch die Menschen eintreten können, ohne sich bedroht oder verurteilt zu fühlen.“ (Nr. 34) Für mich ist dieser Gedanke eine Art Echo auf unser Ulrichsjubiläum: „Mit dem Ohr des Herzens“.

Katholische SonntagsZeitung: Gibt es Begegnungen, auf die Sie sich besonders freuen?

Bischof Meier: Ich freue mich auf die Gespräche mit Frauen und Männern, die – in verschiedenen Funktionen – an der Synode teilnehmen und sie mitgestalten. Schon im vergangenen Jahr bin ich, vor allem über die nach Sprachzirkeln eingeteilten Runden Tische, mit zahlreichen Brüdern und Schwestern zusammengekommen. Ich habe zugehört und selbst das Wort ergriffen. Mancher Kontakt hat sich auch über das Jahr weiter gehalten. Ich bin dankbar, wenn die Gesprächsfäden nun präsentisch wieder aufgegriffen werden. Und noch etwas möchte ich nicht missen: den einen oder anderen Abend in einem römischen Restaurant ...

Katholische SonntagsZeitung: Im Interview unserer Zeitung berichtete kürzlich ein Priester aus unserem Bistum über seine Teilnahme am Treffen „Priests for the synod“. Sie selbst unternahmen im Diözesanrat synodale Übungen. Glauben Sie, dass der Gedanke einer synodaleren Kirche bereits an der Basis angekommen ist – hierzulande und weltweit?

Bischof Meier: Zur Kirche als Global Player gehört die Ungleichzeitigkeit. Während die einen synodal schon weit fortgeschritten sind, müssen andere erst noch überzeugt werden, dass Synodalität künftig der Lebensstil der Kirche sein soll. Beim Synodalen Weg in Deutschland spiegelt sich auch diese Ungleichzeitigkeit, das Ringen um den richtigen Weg in die Zukunft. Umkehr und Erneuerung der Kirche sind das Ziel. Sie geschehen weniger durch Strukturreformen und neue Organigramme, sondern durch Beziehungen, durch den Austausch und den Dialog.

In der Arbeitshilfe steht im Blick auf das Weiheamt: Wir sollen von „einer pyramidalen Art der Autoritätsausübung zu einer synodalen übergehen“ (Nr. 36), was im Rahmen der Förderung der Charismen eine Neuverteilung der Aufgaben, für deren Erfüllung das Weihesakrament nicht notwendig ist, begünstigen kann. Ich bin neugierig, ob und wie konkret wir da weiterkommen.

Archivfoto Bischof Meier (c) Bernd Meier/Bistum Augsburg


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