Auch ohne Weiheamt für Frauen ist der Diakonat das Zukunftsthema für die Kirche

8. Dezember 2025 in Kommentar


Wenn der Jubel oder das Schelten über das Gutachten zum Diakonat der Frau verklungen ist, können wir über den diakonalen Dienst der Kirche mal neu nachdenken. Der Papst hat den Aufschlag schon gemacht. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Es ist kein Grund zu jubeln und es ist kein Anlass, mit Furor die weitere Unterdrückung der Frau durch die Kirche zu konstatieren. In der Tat, so hat ein Gutachten mit sehr vielen Schleifen, Haken und Eventualitäten festgestellt, dass es wohl einstweilen kein Diakonat der Frau geben wird. Aber die Fachleute haben ein Problem der Lehre festgestellt, nämlich dass das Diakonat noch nicht in aller Tiefe durchdrungen ist. Etwas leichtfüßig, so hat man den Eindruck, hatte das Zweite Vatikanische Konzil den ständigen Diakon wieder eingeführt. Dies war eindeutig eine richtige Entscheidung. Ob es gut und richtig war, hier eine Tür für geweihte viri probati zu öffnen, ist mehr als fraglich. Ein unverheirateter Diakon erklärte mir vor einigen Jahren, er halte die Entscheidung von verheirateten Diakonen mit Zivilberuf für falsch. Er konnte das sehr gut erklären. Etwas polemischer wird zuweilen beim ständigen Diakonat von Sakristeideals gesprochen. Ein älterer Herr, der in seinem Leben viel ehrenamtlich für die Kirche gearbeitet hat, wird vom Pfarrer ermutigt, den Fernkurs Theologie zu absolvieren –und schwupps – ist er Diakon. Die meisten Pfarrer haben – jedenfalls in der Vergangenheit – nicht Diakone gesucht und kreiiert, sondern Hilfspastöre. Dann kann man predigen, beerdigen, trauen und taufen, lautete das Argument in vielen Fällen. Diakonie ist das eher nicht. Zeitgleich werden die örtlichen Caritaskonferenzen abgeschafft. Hier bräuchte man die Diakone, findet sie nicht unter den Label Nächstenliebe, wo sie hingehört.

Systematisch waren die Diakone in der Antike dem Bischof zugeteilt und nicht einem Presbyter. Der Bischof verfügte als Kassenwart über das Geld der Gemeinde und konnte so die Diakone mit der Caritas beauftragen, während die Presbyter eher liturgische und später Leitungsaufgaben wahrnahmen. Trotz Ehe ist der Diakon Kleriker und gehört dem Klerus des Bistums an. Ein verwitweter Diakon darf nicht erneut heiraten, weil die Weihe ein Ehehindernis ist. Es gehört zu den Webfehlern des modernen Diakonats, dass der Diakon für eine konkrete Pfarrei geweiht wird. Vollends ad absurdum führt sich dies, wenn in deutschen Diözesen künftig wohl durchgängig die Pfarreien größer sein werden als andernorts die Bistümer. Ein Ständiger Diakon mit Zivilberuf verpflichtet sich der Pfarrei zehn Stunden pro Woche mit seinem Dienst zur Verfügung zu stehen. In einer Riesenpfarrei wird man das Einsatzgebiet entweder begrenzen oder es geht ein Großteil der Zeit für Fahrten drauf. Vieles am Diakonat ist schöne Theorie und weit weg von der Praxis.

Damit soll der Diakonat nicht abgewertet werden. Es ist ein wertvoller Dienst in der Kirche, die konkrete Umsetzung wirkt an manchen Stellen mit der heißen Nadel gestrickt. Dennoch, das soll hier ausdrücklich betont werden, gibt es verheiratete ständige Diakone die einen ausgezeichneten und sehr wertvollen Dienst leisten. Entscheidend hier ist, dass die Ehefrau das mit trägt, denn die Belastungen sind gewaltig.

Die theologischen Probleme zeigt auch das Gutachten der Kommission auf, wenn es feststellt, dass es eine Notwendigkeit lehrmäßiger Entscheidungen gibt. Damit sollte der Auftrag verbunden sein, mit viel Geduld, das Amt des Diakons theologisch in aller Tiefe zu durchleuchten. Schon die Tatsache, dass das Konzil dem Amt des Diakons die ihm zustehende Würde und Wertigkeit zurück gegeben hat, ist ein Wert an sich. Der in der Kirchengeschichte im Durchgangsdiakonat auf dem Weg zum Priestertum etwas in den Schatten getretene eigene Charakter dieses Amtes ist noch längst nicht in vollem Umfang aufgehellt.

Nicht alle Dienste der Kirche sind an ein sakramentales Amt gebunden, wiewohl alle Dienste der Kirche sich auf das Amt und damit auf Christus ausrichten sollten. Die Untersuchung hat gezeigt, dass es in der Vergangenheit in einigen Regionen der Kirche durchaus diakonale Dienste von Frauen gab. Eine sakramentale Weihe ließ sich dort jedoch nicht nachweisen. Das ist insofern konsistent, als die Kirche eben die Tradition einer sakramentalen Weihe von Frauen einfach nicht kennt. Ein recht deutliches Indiz ist die Tatsache, dass jede Gemeinschaft, in der Frauen zu Ämtern ordiniert wurden, teilweise mehrere Spaltungen durchlaufen mussten. Die finnische Kirche hat beispielsweise die Frauenordination wieder abgeschafft, weil sie sich als nicht schriftgemäß gezeigt hat. In der katholischen, der römischen und allen mit Rom verbundenen Kirchen gilt „Ordinatio sacerdotalis“ als de fide, insofern wird es niemals sakramental geweihte Priesterinnen in der Kirche geben. Unter ökumenischen Gesichtspunkten ist diese Frage auch sehr klar, in den Kirchen des Ostens (Orthodoxe) und des Orients ist die Weihe von Frauen völlig undenkbar. Wenn man diesen Gedanken endlich einmal als Gegebenheit akzeptieren könnte, könnten sich unvorstellbare Weiten für neue Dienste und Aufgaben in der Kirche eröffnen.

In Deutschland als einzigartig geglaubt, gibt es hauptamtliche Laien in der Pastoral. In Wirklichkeit gibt es so etwas längst auch in anderen europäischen Ländern und in den USA. Es ist wohl nicht falsch zu sagen, dass vieles davon experimentell ist und eher chaotisch daher kommt. Nicht zuletzt Pastoralreferentinnen, die ihren Job mit der festen Überzeugung angetreten haben, noch vor der Pensionierung die Priesterweihe empfangen zu haben, sind ein Quell stetiger Enttäuschungen. Es muss nicht einmal so krass sein. Die Gemeindereferentin in Sackalbe mit stolaähnlichem Schal darüber ist Ursache häufiger Verwirrungen. (Ist doch schön, wenn Frau XY die Messe für die Kommunionkindern macht … )

Und auch hier gilt wieder, wie beim ständigen Diakonat, es gibt Frauen, die als Pastoral- oder Gemeindereferentin einen exzellenten Job machen und in ihren Gemeinden unverzichtbar sind. Ebenso wie der Diakonat sind die beauftragten Laiendienste viel zu wenig durchdacht und viel zu sehr improvisiert. Die Beauftragungen sollten allgemein theologisch durchdacht und universalkirchlich geordnet werden. Auch das ist zu beachten: Während ein Priester ohne jede Probleme (so er die Sprache des Landes kann) in jedem Land der Welt seinen Dienst versehen kann, kann eine Pastoralreferentin unter Umständen nicht einmal von Deutschland nach Österreich wechseln, weil die Ausbildungen und Beauftragungen zum größten Teil gegenseitig nicht anerkannt sind. Gerne bringt man das Gegenargument, Deutschland könne sich diese ganzen Dienste leisten, weil die Kirche so reich ist. Doch da muss man einwenden, dass eine starke Gemeinde in Frankreich das Gehalt auch aufbringen könnte. So einfach ist es nicht. Und die reiche Kirche in Deutschland kann nur einen Bruchteil der Stellen von hauptamtlichen Laien überhaupt besetzen. Am Rande sei bemerkt, dass eine Freigabe der Weihe zum Diakonat nicht plötzlich eine Welle neuer Mitarbeiter in die Kirche schwemmen würde.

Die Reaktion auf der römische Gutachten war erschreckend erwartbar. Entsetzen von links, Jubel von rechts. Papst Leo XIV. hat es sich auf die Fahne geschrieben, Zerstrittenes zu einen. Insofern sind die Reaktionen ganz klar gegen die Intention des Papstes gerichtet. Da aber der Papst nicht auf der Basis fauler Kompromisse einen will, sondern eindeutig auf der festen Grundlage der biblischen Fundamente der Kirche und der Tradition der kirchlichen Lehre die Einheit sucht, sind Parteiungen schädlich. Das hat der Papst im Übrigen auch zum deutschen Synodalen Weg gesagt. Die Ausgrenzung großer Teile der Gläubigen fand er schädlich.

Das vorliegende – übrigens sehr komplexe – Gutachten, das in seiner ganzen Tiefe hier gar nicht gewürdigt werden kann, zeigt auch Wege der Diakonie für die Kirche auf, die wir derzeit noch gar nicht – oder schon viel zu lange nicht mehr? – sehen. Liest man das Gutachten mal quer gegen die Apostolische Exhortation „Dilexi te“, dann gehen für den diakonalen Dienst der Kirche ganz neue Horizonte auf. „Dilexi te“ wird in Europa kaum rezipiert, weil wir glauben, Armut sei ja gar nicht unser Thema. Durch die Armutsdefinition von Papst Leo, indem er Armut als eine anthropologische Größe auffasst, die dem Menschen ganz allgemein zu eigen ist, kommt uns die Armut sehr nahe. Das Schreiben geht weitaus tiefer als es die meisten ahnen. Neben einem historischen Abriss der Armenfürsorge von Einzelpersonen sowie der ganzen Kirche, gibt es eine philosophische und theologische Einordnung der Armut. Kapitel IV zeigt die Geschichte der katholischen Soziallehre und das anschließende V. Kapitel gibt einen Ausblick. Von hier aus wäre auch die kirchliche Diakonie noch einmal neu zu denken. Ob es dabei um die Gründung neuer Gemeinschaften geht, neuer Dienste, neuer Aufgaben, das steht noch in den Sternen. Eines jedoch scheint sich – vielleicht schon in diesem Pontifikat – für die Zukunft abzuzeichnen: Eine Renaissance der Kirche als dem wichtigsten Ort der Armenfürsorge. Das nämlich war in der Antike das wesentliche Pfund, mit dem die Christen wuchern konnten. Indem sie vor allem in den Armen und Elenden Christus erkannten, war es undenkbar, die Kranken nicht zu pflegen, die Hungernden nicht zu nähren, die Unwissenden nicht zu lehren und die ausgesetzten Kinder nicht aufzunehmen.

Noch einmal der Papst: „Für uns Christen führt die Frage nach den Armen zum Wesentlichen unseres Glaubens. Es ist die vorrangige Option für die Armen, das heißt die Liebe der Kirche zu ihnen, wie Johannes Paul II. lehrte, »die entscheidend ist und zu ihrer festen Tradition gehört, [sie] lässt die Kirche sich der Welt zuwenden, in der trotz des technisch-wirtschaftlichen Fortschritts die Armut gigantische Formen anzunehmen droht«. Tatsächlich sind die Armen für die Christen keine soziologische Kategorie, sondern das Fleisch Christi selbst.“ (Dilexi te 110) Der Auftrag darin ist wohl kaum zu überhören.

Lassen wir das einmal sacken und üben wir uns in Geduld. Die Pressure groups für die Frauenweihe werden nicht aufhören mit ihrem Aktivismus. Das mag ärgerlich sein, es hat aber jede Relevanz verloren. Neu über die Caritas, die Diakonie nachzudenken und vielleicht eine Form diakonaler Beauftragung zu finden, die äquivalent der pastoralen Beauftragung, die dem Priester zugeordnete ist, dann dem Diakon zugeordnet sein kann, ist denkbar. Nachdenken müssen wir dabei neben dem bezahlten Dienst auch über das Ehrenamt. Der Papst hat sich da ein ordentliches Programm in die Aufgabenliste geschrieben.

Bild oben: Der Heilige Cyriakus war Diakon und wurde durch seinen Dienst an den Armen heilig. Foto: Thomas Hummel/ Wikimedia/CC-BY-SA-4.0


© 2025 www.kath.net