
6. Dezember 2025 in Spirituelles
Leseprobe aus dem neuen Buch "Katholiken im Exil" der Bestsellerautoren Scott Hahn und Brandon McGinley- Leseprobe 1
Linz (kath.net)
Zwischen der Eroberung des Gelobten Landes und der Babylonischen Gefangenschaft geschieht so einiges mit Israel. Auch wenn man aus diesem Abschnitt der Heilsgeschichte vieles lernen kann, wollen wir hier nur das aufgreifen, was für unsere eigene Pilgerreise durch die Heilige Schrift wesentlich ist und uns hilft, unsere Lage als Christen in der modernen Welt besser zu verstehen. Die nächste Etappe unserer Reise führt uns zu Jeremia. Wie man als Glaubender im Exil leben soll, wird nirgends im Alten Testament so anschaulich beschrieben wie am Beispiel des Jeremia – und diese Beschreibung fällt etwas anders aus, als die meisten von uns es wohl erwartet hätten.
Doch zuerst sollten wir den Rahmen abstecken. Israel war damals wie heute eine kleine, von sehr viel größeren Mächten umgebene Nation. Im Süden und Westen, jenseits der Wüste Sinai, lag Ägypten. Im Norden herrschten die mächtigen Hethiter und Assyrer über große Teile des heutigen türkischen und syrischen Staatsgebietes. Im Osten schließlich, im heutigen Irak, gegenüber der Arabischen Wüste, lag Babylon. All diese Nationen stritten sich ständig um den strategisch wichtigen Landstreifen zwischen Jordan und Mittelmeer, den Gott Israel verheißen hatte.
Im 8. Jahrhundert v. Chr. übernahmen die Assyrer die Macht und siedelten mehrere Tausend Israeliten zwangsweise in den Norden um. Die biblische Darstellung dieser Ereignisse findet sich im ersten und zweiten Buch der Chronik und im zweiten Buch der Könige. Uns interessiert hier jedoch vor allem die Babylonische Gefangenschaft, die im frühen 6. Jahrhundert vor Christus begann.
Gegen Ende des 7. Jahrhunderts geriet Israel unter die Herrschaft des babylonischen Königs Nebukadnezzar. Jeremia hatte schon seit Jahrzehnten prophezeit, dass die Israeliten von einem solchen Schicksal – Gottes Antwort auf ihren Rückfall in die Verehrung heidnischer Götter – heimgesucht werden würden. Doch mit Ausnahme einer Wiederherstellung der wahren Anbetung unter dem guten König Joschija hatte das Volk sich geweigert, auf ihn zu hören und sich zu bessern. Immer und immer wieder ignorierten die israelitischen Könige Jeremias Rat, ihre babylonischen Oberherren mit Respekt zu behandeln. Dies hatte immer härtere Strafmaßnahmen einschließlich mehrerer Wellen von Massendeportationen nach Babylon zur Folge – die berüchtigten Babylonischen Gefangenschaft.
Das Exil war ein Segen. Das Volk Gottes brauchte genau diese Erschütterung, und die Wiederherstellung Israels würde von den Heimgesuchten ausgehen. Das bequeme Leben hatte die Israeliten selbstgefällig gemacht, und der einfache Weg – die Übernahme der falschen Götter ihrer Nachbarn – war ihnen vernünftiger erschienen als das kompliziertere Leben der Anbetung, zu dem der wahre Gott sie aufgerufen hatte.
Uns geht es genauso. Instabilität und Unsicherheit können dazu führen, dass die Verheißungen Gottes uns zwar nicht verlockend, aber umso offensichtlicher erscheinen. Anzuerkennen, dass wir – in Bezug nicht nur auf den Himmel, sondern auch auf das Christentum – im Exil leben, gibt uns die Chance, unser Leben wieder neu auf die Grundlagen auszurichten, auf denen eine neue Welt erbaut werden kann. Doch damals wie heute ist das Gedeihen im Exil alles andere als leicht.
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Leseprobe aus dem neuen Buch „Katholiken im Exil“ der Bestsellerautoren Scott Hahn und Brandon McGinley, Media Maria Verlag, Buch 21 Euro, 208 Seiten
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