
1. Dezember 2025 in Kommentar
Die Synodalkonferenz von Bätzing stößt auf breite Kritik. Er ist nicht zustimmungsfähig, Nun ruhen die Hoffnungen zunächst auf drei Bischöfen. Letztendlich muss Rom entscheiden. Der Montagskick von Peter Winnemöller
Limburg (kath.net)
Die Antwort des Papstes auf die Frage, ob er der Satzung für die umstrittene Synodalkonferenz zustimmen werde, war ein kryptisches „Wir werden sehen“. Aus dem Vatikan gibt es dazu bereits zwei verbindliche Aussagen: Die eine ist schlicht, dass niemand das Recht hat auf egal welcher Ebene einen Synodalen Rat zu errichten, der – das sei an dieser Stelle ergänzt – der bischöflichen Verfassung der Kirche widerspricht. Die andere sagt: „Der ‚Synodale Weg‘ in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten.“ Siehe Bolletino vom 21. Juli 2022.
Nun hat der sogenannte Synodale Ausschuss, eine private Veranstaltung von 23 Diözesanbischöfen, von denen allerdings vier an der finalen Sitzung nicht teilgenommen haben, einen Satzungsentwurf für eine Synodalkonferenz, wie der Synodale Rat, der so nicht heißen darf, künftig heißen soll, verabschiedet. Sowohl die Deutsche Bischofskonferenz als auch einzelne Bischöfe haben daraufhin diesen Entwurf in Pressemeldungen und in den Sozialen Medien bejubelt. In den Kommentaren unter den Postings erhalten die Protagonisten der Synodalkonferenz fast ausschließlich negative Kritik. Abgesehen von den üblichen Pöbeleien, die sich unter allem finden, was kirchliche Stellen veröffentlichen, findet sich eine beeindruckend vernichtende Kritik des Satzungsentwurfs, der bei gewöhnlichen Katholiken offensichtlich keine Begeisterung hervorzurufen vermag. Die Vorstellung, dass Laienfunktionäre künftig über die Finanzen des Verbands der Deutschen Diözesen entscheiden dürfen oder von Bischöfen sowie von diözesanen Gremien Rechenschaft fordern werden, wenn sie Beschlüsse der Synodalkonferenz nicht umsetzen, ist das blanke Gruselkino. Sollten die Bischöfe davon überrascht sein, kann man ihnen nur gratulieren. So ist die Wirklichkeit außerhalb der Elfenbeintürme. Da die Accounts zumeist von den Pressestellen betreut werden, wird man die Reaktionen vermutlich elfenbeinturmkonform filtern. Es geht schließlich nicht an, Bischöfe mit der Wirklichkeit zu konfrontieren. Als kleines Bonbon am Rande zeigt das „ZdK“ gerade welchen Geistes sie sind, wenn sie auf ihrer Vollversammlung beschlossen haben, die Kirchensteuer reformieren zu wollen. Sie möchten auch Kapitalerträge und Vermögen besteuern. Danke, aber danke nein, niemand braucht das „ZdK“. Es zu streichen, würde der Kirche viel Geld sparen.
Kritik hagelte es jedoch nicht nur in den Sozialen Medien. Auch Fachleute setzten sich mit dem Satzungsentwurf auseinander. So stellte der Würzburger Kirchenrechtler Heribert Hallermann in einem Beitrag für „Die Tagespost“ fest: „Wie schon so oft im sogenannten ‚synodalen Prozess‘ wird auch an dieser Stelle deutlich, dass ganz bewusst mit Unschärfen gearbeitet wird, um das eigene Anliegen voranzubringen.“ Dabei bezog sich der Kanonist auf die Verweise auf das Abschlussdokument der Weltsynode, die sich vor allem in der Präambel der Satzung finden. Während der Satzungsentwurf behaupte, die Synodalkonferenz „berät und fasst Beschlüsse im Sinne ‚synodaler Entscheidungsprozesse‘ (vgl. Abschlussdokument der Bischofssynode, Nr. 94) zu wichtigen Fragen des kirchlichen Lebens von überdiözesaner Bedeutung“, so werden, betont Hallermann, solche Entscheidungsprozesse „in der in der Satzung nicht zitierten Nr. 93 des Abschlussdokuments der Bischofssynode“ überhaupt nicht erwähnt. Hallermann wirft dem Gremium vor, die klare Unterscheidung der Weltsynode in Sachen Beraten und Entscheiden gerade nicht nachzuvollziehen und bewusst mit Unschärfen zu arbeiten. Unter Verweis auf die Presseerklärung zum jüngsten Gespräch einer deutschen Bischofsdelegation in Rom äußert der Kirchenrechtler berechtigte Zweifel, ob der Heilige Stuhl den Satzungsentwurf vorab durchgewunken hat. Damals war die Rede von einer „ehrlichen, offenen und konstruktiven Atmosphäre“, in der man „verschiedene Punkte des künftigen Statuts der sogenannten ‚Synodalkonferenz‘ in Bezug auf ihren Charakter, ihre Zusammensetzung und ihre Kompetenzen erörtert“ habe. Für Ohren, die diplomatische Sprache gewohnt sind, klingt das eher nach einem fundamentalen Dissens. Umso erstaunlicher ist Dreistigkeit, mit der deutsche Bischöfe diese Satzung durchgewunken haben.
Auch der Theologe Martin Brüske erkennt in einem Beitrag für die Webseite der Initiative Neuer Anfang einen fundamentalen Widerspruch zwischen dem Schlussdokument der Bischofssynode von 2024 und dem Satzungsentwurf, den der Synodale Ausschuss nun vorgelegt hat. Brüske beschreibt das Konzept der Entscheidungsfindung in der römischen Synodalität so: „Im gemeinsamen Hören, Beten und Unterscheiden wächst Stück für Stück eine für alle geistlich tragfähige Entscheidung. Verantwortung der Bischöfe – in ihrer Einbindung ins Kollegium und besonders in Einheit mit dem Bischof von Rom – ist es, diese Entscheidung zu erkennen und sie autoritativ gültig zu machen.“ Das Konzept der geplanten Synodalkonferenz nennt der Theologe im Gegensatz dazu: „Stattdessen ist das ekklesiologisch unförmige und hässliche Gebilde, das sich in der Satzung abbildet, nichts anderes als ein selbstbezüglicher Pseudoparlamentarismus.“ In einer zwölf Punkte umfassenden Erklärung hatte die Initiative Neuer Anfang zudem in komprimierter Form klargestellt, warum die Satzung dieser Synodalkonferenz nicht zustimmungsfähig ist (kath.net hatte berichtet).
Eine weitere Analyse bietet der Journalist und Theologe Benjamin Leven auf Communio Online. Der Schwerpunkt der Betrachtungen von Leven liegt unter anderem auf den Finanzen, auf die die Laienfunktionäre Einfluss bekommen sollen. Die Synodalkonferenz solle laut Satzung, so Leven, "Beschlüsse über Schwerpunktsetzungen insbesondere in strategischen Planungsprozessen und im Haushalt des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD)" fassen und deren Umsetzung überprüfen. Damit, so der Schluss, werde der Einstieg in einen Systemwechsel geplant, bei dem die Funktionäre Einfluss auf den Haushalt des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) bekämen. Der VDD ist der Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz. Aus dem Haushalt dieser Körperschaft des öffentlichen Rechts werden die gemeinsamen Aktivitäten der 27 Diözesen finanziert. Die Entscheidung über den Haushalt liege, so beschreibt es Leven, gemäß der Satzung des VDD allein bei der VDD-Vollversammlung, also bei den 27 Diözesanbischöfen.
Für Entscheidungen des VDD gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Jüngstes Beispiel für Konsequenzen daraus ist, wie Levens Analyse zu Recht zeigt, der Synodale Ausschuss, den bekanntermaßen vier Bischöfe nicht mitgetragen haben, folglich vom VDD nicht finanziert werden durfte. An dieser Stelle stellt Leven einige Fragen nach dem praktischen Nutzen dieser Beratungen der geplanten Synodalkonferenz, zumal der VDD bereits über ein Beratergremium für die Erstellung des Haushalts verfügt. Dieses Gremium durch die "entscheidungserheblichen" Laienfunktionäre zu ersetzen, wird an der Satzung des VDD scheitern. Um die Proportionen im Blick zu behalten, weist Leven auf die Größenordnungen hin: „Der VDD-Haushalt lag zuletzt bei 129 Millionen Euro, während die gesamten Kirchensteuereinnahmen der deutschen Bistümer 2024 bei 6,62 Milliarden Euro lagen. Über den größten Teil der Mittel wird weiterhin in den einzelnen Diözesen entschieden.“ Dem ist entgegenzuhalten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der VDD-Haushalt unter dem Einfluss der Laienfunktionäre und deren Bestrebungen zu zentralisieren, von Jahr zu Jahr wachsen würde.
Ganz gleich, wie man sich dreht und wendet, dieser Satzungsentwurf stößt selbst bei den moderatesten Kritikern nicht auf Begeisterung. Weder wird das geplante Gremium den Ansprüchen römischer Synodalität gerecht, noch ist es kirchenrechtlich genehmigungsfähig, wenn man es ernst nimmt. Allein die Vorstellung, dass das ZdK künftig mit Mitteln des VDD seine Fantasieprojekte betreiben könnte, ist schlicht Gruselkino. Dazu kommt, dass ein Gremium aus 54 Laienfunktionären und (herbeifantasierten) 27 Diözesanbischöfen die Bischöfe geradezu marginalisieren würde. Rechenschaftspflichten könnten dann jedem Abtrünnigen die Daumenschrauben anlegen, um ihn im Sinne der Funktionäre gefügig zu machen. Als gewöhnlicher Katholik, der an der Lehrtradition der Kirche und deren sakramentaler Struktur festhält, wird in der schönen neuen Kirchenwelt dann gar nicht mehr vorkommen.
Das päpstliche „We shall see” ist beruhigend und beunruhigend zugleich. Es mag beruhigen, dass der Papst nicht sofort gesagt hat, dass der Kompromiss ja in Rom ausgehandelt wurde. Leicht beunruhigend mag dagegen die Tatsache sein, dass Rom um des lieben Friedens willen diesen Satzungsentwurf durchwinken könnte, in der Hoffnung, dass es schon gut gehen wird. Es bleibt an dieser Stelle zu hoffen, dass die drei verbliebenen Bischöfe, die nicht am Synodalen Ausschuss teilgenommen haben, auch an der Synodalkonferenz nicht teilhaben werden. Damit wäre dann auch die Synodalkonferenz – selbst dann, wenn Rom sie genehmigte – eine private Veranstaltung einiger Bischöfe im Verbund mit einigen Laienfunktionären. Die Satzung wäre das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wäre und die Verbindlichkeit dessen, was dieses Lust- und Laune-Gremium von sich gäbe, wäre exakt gleich null.
Es gibt einen Worstcase: Sollte die Satzung für die ganze Kirche in Deutschland verbindlich werden und die Funktionäre in nennenswertem Umfang Einfluss auf Glauben, Lehre, Pastoral und Kirchenfinanzen erhalten, könnte es sein, dass der Austritt aus der kirchensteuerpflichtigen Körperschaft des öffentlichen Rechts für Katholiken zu einer moralischen Pflicht würde. Auch unter dem Eindruck dieses Damokles-Schwertes, welches den üblen Namen Schisma trägt, ist es geboten, in Rom gegen die Satzung zu intervenieren. Die erste Hoffnung ruht nun auf der nächsten Versammlung des Ständigen Rates, der die Satzung beschließen muss. Fällt die Satzung dort durch, wird man sehen, ob das Projekt nicht sogar schon endgültig gescheitert ist. Spätestens in Rom sollte es mit klaren Worten abgeschmettert werden. Die Hoffnung darauf mag nach den Erfahrungen von nunmehr gut sechs Jahren Synodalem Irrweg nur noch gering sein, doch es bleibt dabei: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Was nach dem Tod der Hoffnung zu tun ist, werden wir dann sehen müssen.
Dekret vom 21.7.2022 zum Synodalen Weg:
https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2022/07/21/0550/01133.html
Bild oben: Noch lachen Sie: Irme Stetter-Karp und Georg Bätzing. Foto: © Synodaler Weg / Marko Orlovic
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