
18. November 2025 in Weltkirche
Syrien, Irak und Nigeria Schwerpunktländer des Programms "Hungary Helps" - Staatsekretär Azbej: Ausblenden religiöser Faktoren in Krisenregionen führt zu Fehleinschätzungen - Christen seien "die am stärksten verfolgte Religionsgemeinschaft weltweit"
Wien/Budapest (kath.net/KAP) Der ungarische Staatssekretär Tristan Azbej hat auf die schwere Lage verfolgter Christen hingewiesen und die humanitäre Ausrichtung des staatlichen Hilfsprogramms "Hungary Helps" unterstrichen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress in Wien erklärte er, Christen seien "die am stärksten verfolgte Religionsgemeinschaft weltweit", mehr als 380 Millionen von ihnen würden aufgrund ihres Glaubens diskriminiert, bedroht oder angegriffen. Ziel des von Ungarn 2017 begründeten Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramms sei "lebensrettende humanitäre Hilfe" für verfolgte Christen. "Unser Auftrag ist es, ihnen beim Wiederaufbau von Häusern, Schulen und Kirchen zu helfen, wenn diese niedergebrannt wurden, oder sie durch Bildungs- und Existenzsicherungsprojekte zu unterstützen", sagte Azbej.
Schwerpunktländer seien etwa Syrien, Irak und Nigeria, erklärte Azbej. Der Politiker der Christlich-Demokratischen Volkspartei (KDNP) ist als Staatssekretär für die Hilfe für verfolgte Christen für das "Hungary Helps"-Programm verantwortlich. In Nigeria, wo "im vergangenen Jahr über 4.000 Christen von Extremisten und Dschihadisten ermordet wurden", unterstütze Ungarn notleidende Gemeinden mit Soforthilfe, Wiederaufbau und Projekten zur Existenzsicherung. Besorgt zeigte sich Azbej über eine erneute Zunahme extremistischer Gewalt in Syrien. Die Attacke auf die Mar-Elias-Kirche in Damaskus im vergangenen Juni sei ein Hinweis darauf, "dass der antichristliche Extremismus zurückkehrt".
Neben dem Nahen Osten und dem "Schlüsselland" Nigeria fördert Ungarn Projekte in Pakistan sowie in weiteren Ländern Afrikas, darunter Kongo, Mosambik oder Uganda. Ein jüngst im Vatikan vorgestelltes Projekt betrifft die Sanierung von mehr als 60 mittelalterlichen Kirchen im Libanon. Als "herausragendstes Projekt" der vergangenen Jahre nannte Azbej den Wiederaufbau der christlichen Stadt Telskuf in der irakischen Ninive-Ebene. Mit knapp zwei Millionen Dollar seien 900 Wohneinheiten, die Kirche, zwei Kindergärten und die Schule wiedererrichtet worden.
Darüber hinaus vergibt Ungarn im Rahmen von "Hungary Helps" jährlich 100 Vollstipendien an christliche Studierende aus Afrika und Asien. Mehr als 200 junge Menschen studieren derzeit an ungarischen Universitäten. Bedingung sei, dass sie nach Abschluss "ihre Gastgemeinden unterstützen oder dorthin zurückkehren", sagte Azbej.
Zur Zusammenarbeit mit Österreich erklärte der Staatssekretär, Ungarn begrüße die 2024 erfolgte Einrichtung der "Stabsstelle Internationaler Schutz verfolgter religiöser Minderheiten" im österreichischen Bundeskanzleramt. Man stehe in ständigem Austausch und prüfe die Möglichkeit gemeinsamer Projekte.
Projekte fördern Zusammenleben
Kritik, das ungarische Regierungsprogramm unterstütze ausschließlich Christen, wies Azbej zurück. Zwar sei es notwendig, auch direkt christliche Gemeinden zu helfen, die "ins Visier genommen werden"; der größere Teil der Arbeit diene jedoch grundsätzlich "dem friedlichen Zusammenleben, indem wir den sozialen Auftrag der Kirche unterstützen, den diese auf alle Menschen ausdehnt, auch Muslime und Angehörige anderer Glaubensrichtungen, die mit ihr leiden".
In den drei syrischen katholischen Krankenhäusern, die Ungarn unterstütze , seien "80 Prozent der Patienten Muslime". Dies stärke Vertrauen und verhindere Radikalisierung: Wenn ein muslimischer Patient von einem christlichen Arzt behandelt werde, "kann seine Familie niemals gegen Christen radikalisiert werden", sagte Azbej. Ähnliches gelte für Schulen im Irak und im Norden Nigerias. Die Zusammenarbeit mit kirchlichen Einrichtungen sei entscheidend, weil Kirchen vielerorts zentrale Träger sozialer Dienste seien.
Mit Blick auf die geopolitische Debatte über Religion sagte Azbej, ein Ausblenden religiöser Faktoren führe etwa in Krisenregionen wie im Nahen Osten oder in Afrika zu Fehleinschätzungen. In Subsahara-Afrika trügen Kirchen und religiöse Organisationen 60 Prozent des Gesundheitssystems, so der ungarische Regierungspolitiker. Wenn europäische Länder oder die EU aus Gründen der Neutralität und Unparteilichkeit nicht mit religiösen Akteuren kooperierten, verzichteten sie auf zentrale Strukturen für Bildung, Gesundheit und Entwicklung.
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