2. Jänner 2025 in Kommentar
Ist Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. für die Deutsche Bischofskonferenz „gestorben“? Die Website der deutschen Bischöfe kann durchaus diesen Eindruck vermitteln. Von Petra Lorleberg
Bonn (kath.net/pl) Genau zwei Jahre und zwei Tage ist der Tod des deutschen Theologenpapstes Benedikt XVI. nun her. Da wäre für die Deutsche Bischofskonferenz u.a. Zeit gewesen für: Homilien des DBK-Vorsitzenden und weiterer leitender Bischöfe zum Thema „Papst Benedikt“. Oder für (auch später noch) auffindbare Pressestatements an seinen Todes- und Geburtstagen sowie am Jahrestag seiner Papstwahl. Denn immerhin war Ratzinger als Erzbischof von München 1977 bis 1982 selbst aktives DBK-Mitglied gewesen. Auch hätte es in diesen zwei Jahren (und zuvor) Zeit genug für DBK-Ehrungen jener Menschen gegeben, die mit Joseph Ratzinger eng verbunden auf dem Weg gewesen waren, nennen wir beispielshaft Peter Seewald und Georg Gänswein – weitere Namen wären nennbar.
Bis heute fehlt aber jegliche DBK-Anerkennung der überragend großen Leistungen von Peter Seewald als Interviewpartner und Biograph des Theologepapstes. Warum eigentlich hat Seewald für sein Gesamtwerk über den deutschen Theologen noch immer keine DBK-Sonderehrung erhalten? Immerhin ist Seewald Autor von internationalen Bestsellern wie dem Interviewband „Salz der Erde“, die in unzählige Sprachen übersetzt wurden und auch im Ausland reißenden Absatz fanden. Sein Gesamtwerk zu Papst Benedikt einschließlich der umfangreichen Biographie ist aus der künftigen Papstgeschichtsschreibung nicht mehr wegdenkbar. Auch hat der geborene Bayer Seewald von keiner Universität in Deutschland einen Ehrendoktortitel erhalten – zugegeben, das muss die DBK nicht in ihrer Gesamtheit verantworten. Dennoch fällt auch dies auf, obendrein im Vergleich mit der Schweiz: dort wurde im Frühjahr 2024 Seewald von der Universität Basel der „Dr. h.c.“ verliehen. Ebenso wäre ein päpstlicher Orden für Seewald absolut empfehlenswert … aber möglicherweise scheitert dies daran, dass der aufgrund des Wohnorts in München für Seewald inzwischen zuständige Erzbischof von München, Kardinal Reinhard Marx, für den wohlwollenden Ratzinger-Biographen wohl eher keine Empfehlung in Rom aussprechen wird – doch damit bewegen wir uns im Reich der Vermutungen, konkretes Faktenwissen werden wir dazu in absehbarer Zeit vermutlich nicht erhalten.
Auch gab es in diesen zwei Jahren keine nennenswerten DBK-Erwähnungen von Erzbischof Georg Gänswein, der nahezu 20 Jahre Ratzingers Privatsekretär gewesen und nun als Nuntius im Baltikum unmittelbar an der Grenze zu Russland im Einsatz ist. Idee: Wäre es für die DBK eigentlich nicht interessant, angesichts der politischen Weltlage Nuntius Gänswein zu einem Gastvortrag zur DBK-Frühjahrsvollversammlung einzuladen?
Man muss auch loben können: immerhin hat die DBK in Auftritten in den sozialen Medien auf den zweiten Todestag von Benedikt XVI. reagiert. So schrieb sie auf X und auf Facebook: „Am zweiten Todestag von Papst Benedikt XVI. (1927-2022) erinnern wir uns an einen herausragenden Theologen, Hirten und Menschen. Benedikt XVI. war ein Hoffnungsträger und Wegweiser, der die Kirche mit intellektueller Tiefe, Demut und einem festen Glauben durch herausfordernde Zeiten führte. Sein theologisches Denken und seine Hingabe an die Kirche prägten das Leben vieler Menschen und hinterlassen ein bleibendes Vermächtnis. Geboren und verwurzelt in Deutschland, bleibt er als Priester, Bischof und Papst unvergessen. In Respekt und Dankbarkeit erinnern wir uns heute an sein Leben und Wirken.“ Übergehen wir wohlwollend, dass Ratzingers wichtige, fruchtbare Zeit als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation in der Aufzählung „Priester, Bischof und Papst“ nicht genannt wurde. Dafür fallen immerhin die Worte „Hoffnungsträger … bleibendes Vermächtnis … Respekt und Dankbarkeit“ ausgesprochen positiv auf.
Zum Vergleich ein Blick nach Polen: dort ist seit 2001 der Tag der Wahl von Karol Wojtyła (16. Oktober) der „Papsttag“, also ein staatlicher, nicht arbeitsfreier Gedenktag. Seitdem begeht auch die polnische katholische Kirche diesen Papsttag ganz offiziell als Ausdruck ihrer Verbundenheit mit dem Hl. Vater Johannes Paul II. und um seine Lehre zu fördern. Jeder Papsttag steht unter einem eigenen Motto, die Polnische Bischofskonferenz ist emsig beteiligt an entsprechenden Vorträgen, thematischen Messfeiern, Konzerten, Pressekonferenzen, wissenschaftlichen Tagungen, an der Vergabe des „Totus Tuus“-Preises, es gibt regelmäßig Hirtenbriefe der gesamten Polnischen Bischofskonferenz. Außerdem sammelt die Kirche Geld für Stipendien zur Förderung von Jugendlichen aus armen Familien.
Ein staatlicher Gedenktag für Benedikt XVI. ist in Deutschland nur schwer vorstellbar – aber die Deutsche Bischofskonferenz wäre frei, einen innerkirchlichen Tag beispielsweise am 19. April (dem Tag der Papstwahl) für einen der ganz großen Theologen im Petrusamt einzuführen. Der bevorstehende zwanzigste Jahrestag seiner Wahl wäre eine hervorragende Gelegenheit dafür. Doch möglicherweise besteht daran seitens der DBK in ihrer Gesamtheit nur wenig Interesse.
Bleiben wir aber zum Beginn des Heiligen Jahres 2025 positiv, beten und hoffen wir, dass sich die DBK in diesem (und in so manchem anderen) Thema in eine gute Richtung weiterentwickelt.
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