Zu klein, um vollkommen zu werden

10. November 2024 in Spirituelles


Die Spiritualität von Thérèse von Lisieux stellte sich dem Jansenismus entgegen und ist auch heute aktuell in unserer von Perfektionismus geprägten Zeit.


Paris (kath.net / pk) Glauben wie ein Kind: So könnte man die Spiritualität der kleinen heiligen Thérèse in einfache Worte fassen. Dieser „kleine Weg“ der französischen Heiligen hat nicht nur mit ihrer Biographie zu tun, sondern hat einen realen Hintergrund in einer bestimmten als Häresie verurteilten Strömung des Katholizismus, die schon im 17. Jahrhundert in Frankreich an Boden gewann: der Jansenismus.

Jansenisten vertreten die Meinung, der Mensch sei unwürdig, der Leben sei ein ständiger Kampf und Gott sei als strenger Richter eher fern als nah. Skrupulöse Selbstprüfung und strenge Buße sind weitere Züge des Jansenismus.

Thérèse von Lisieux (1873-1897) entwickelte ein völlig anderes Konzept vom gelebten Glauben. Das Herzstück ihrer Spiritualität ist eine kindliche Hingabe an Gottes Barmherzigkeit. Vollkommenheit gibt es nicht durch Sündenfreiheit und Strenge, sondern durch Demut und Vertrauen in die Liebe Gottes.

Thérèse betonte unermüdlich ihre „Kleinheit“ vor Gott. In ihrer Autobiographie „Geschichte einer Seele“ hält sie fest, sie sei zu klein, um die steile Treppe der Vollkommenheit zu erklimmen. Sie sah sich selbst als kleines Kind an, das sich Gott anvertraut, in der absoluten Sicherheit, dass er sich schon tragen würde.

Die junge Französin legte den Fokus nicht darauf, ihre persönlichen Unvollkommenheiten zu bekämpfen. Diese waren für sie im Gegenteil Vehikel, die sie näher zu Gott bringen würden. Ihr „kleiner Weg“ lädt uns ein, „uns nicht mit unseren Fehlern zu beschäftigen, sondern sie in die Hände des barmherzigen Gottes zu legen“, heißt es in einem Beitrag auf „Aleteia“.

„Ihre einfache Art, Gott zu lieben, verwandelt das spirituelle Leben von einer Last in eine befreiende Beziehung und betont, dass wahre Heiligkeit nicht einer Art „spiritueller Elite“ vorbehalten ist, sondern allen zugänglich ist, besonders denen, die sich am unbedeutendsten fühlen. Diese ,Demokratisierung der Heiligkeit‘ – eine Einladung zur Liebe in kindlicher Freiheit inspiriert weiterhin Millionen von Menschen.“

In einer Zeit, die immer noch mit Perfektionismus und der Angst vor Unzulänglichkeit kämpfe, sei Thérèses „kleiner Weg“ von bemerkenswerter Aktualität. „Ihr Ansatz erinnert uns daran, dass Liebe, nicht Angst, die Grundlage für ein Leben mit Christus ist. Wo der Jansenismus viele entmutigt und isoliert zurückgelassen hat, bietet Thérèses Botschaft sanfte Beruhigung: Vertraue einfach auf Gottes Umarmung und ruhe furchtlos in seiner Liebe.“


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