19. Juli 2024 in Deutschland
Dies ergab eine anonyme Umfrage unter 800 Lehrern und Pädagogen aus verschiedenen Bundesländern.
Berlin (kath.net/jg)
73 Prozent der Lehrer gaben an, dass die Verschleierung junger Mädchen ihre persönliche Entwicklung beeinträchtigen würde. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes unter 800 deutschen Lehrern und Pädagogen aus verschiedenen Bundesländern, berichtet die Plattform NiUS.de.
Es sind vor allem die sozialen Implikationen des Kopftuchtragens, die vielen Lehrkräften Sorgen machen. Eine Lehrerin berichtet aus ihrer Erfahrung: „Viele Mädchen werden unter den Kinderkopftüchern introvertiert und vermeiden inklusive und integrative Entwicklungen“.
Das lässt sich auch aus der Umfrage von Terre des Femmes ableiten. 52 Prozent der befragten Lehrer und Pädagogen berichteten, dass Mädchen mit Kopftuch unter 14 Jahren nicht an Klassenfahrten oder Schulausflügen teilnehmen. 56 Prozent gaben an, dass die jungen Mädchen mit Kopftuch dem Sport- oder Schwimmunterricht fernbleiben.
Die Islamwissenschaftlerin und Ethnologin Susanne Schröter sieht die Entwicklung ebenfalls problematisch: „Muslimische Frauen aus konservativen Familien unterliegen auch in Deutschland einem Verschleierungszwang. Sie werden als gott- und ehrlos beschimpft, wenn sie sich den Verhüllungsvorschriften widersetzen, und müssen mit Repression bis hin zu körperlicher Gewalt rechnen“, sagte sie gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Die befragten Lehrer haben großteils Erfahrung mit verschleierten Schülerinnen. 71 Prozent gaben an, Mädchen unter 14 Jahren mit Kopftuch zu unterrichten beziehungsweise zu betreuen. Nur 25 Prozent antworteten auf die entsprechende Frage mit „Nein“. Drei Prozent machten keine Angabe. Die Bundesländer, in denen Mädchen unter 14 Jahren mit Kopftuch am stärksten vertreten waren, sind Nordrhein-Westfalen mit 72 Prozent, das Saarland mit 79 Prozent und Berlin mit 80 Prozent.
Offenbar wird immer wieder Druck zum Tragen des Kopftuches auf die jungen Mädchen ausgeübt. Dies haben die anonym befragten Lehrer und Pädagogen immer wieder berichtet. Eine Lehrerin sagte: „Die Mädchen wurden von den männlichen Familienmitgliedern - Vätern, Onkel, Großvätern - regelrecht geködert, mit großzügigen Geschenken, Loben wie zum Beispiel: ‚Du bist eine besonders gute Tochter, wenn du ein Kopftuch trägst. Du stärkst unsere Ehre. Wir sind stolz auf dich. Wir lieben dich.‘ Da kann ein kleines Mädchen kaum widerstehen. Außerdem sind der Druck und die Angst vor Ablehnung und Zurückweisung zu groß.“
Ein weiteres Thema, das in der Untersuchung angesprochen wurde, ist die Behandlung von Mädchen ohne Kopftuch durch muslimische Mitschülerinnen. Eine Lehrerin berichtete: „Es geht lange nicht mehr nur um ein Kopftuch. Auch radikalere Formen wie ein Tschador sind häufig schon ab Jahrgang 5 oder 6 zu sehen [...]. Westlich gekleidete Mädchen gelten oft als ‚unrein‘ oder ‚haram‘. Die Bezeichnung Kuffar ist häufig zu hören ...“ Kuffar kommt aus dem Arabischen und ist ein abwertendes Wort für Nicht-Muslime.
Eine andere Pädagogin beschreibt, dass „auf die Mädchen, die kein Kopftuch tragen wollen“ oft „von den Mädchen mit Kopftuch Druck ausgeübt“ würde. Die Umfrage gibt hier kein klares Ergebnis: 16 Prozent der Lehrer geben an, dass Mädchen mit Kopftuch „Auslösende von Mobbing/Ausgrenzung“ sein würden, weitere 16 Prozent sagen, dass die Mädchen mit Kopftuch ebenfalls „Betroffene von Mobbing/Ausgrenzung“ wären.
Terre des Femmes setzt sich schon seit Jahren für eine staatliche Regulierung des Kinderkopftuches ein. Mehr als 60 Prozent der Lehrer sehen darin einen Vorteil, ergab die Umfrage.
© 2024 www.kath.net