Jakobsweg nach vier Monaten Corona-Schließung wieder offen

2. Juli 2020 in Aktuelles


Pilgerseelsorger in "Vatican News": Vorab informieren - Viele starten als sportliche Wanderer und kommen als Pilger an –"Ich betone immer, dass nicht der Weg das Ziel ist, sondern dass dieser Weg ein Ziel hat, und dass Jesus Christus unser Weg ist"


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Nach vier Monaten Corona-bedingter Schließung kann der Jakobsweg wieder begangen werden. Die Kathedrale von Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens öffnete mit 1. Juli wieder ihre Pforten. Wie Pfarrer Rudolf Hagmann, der als Pilgerseelsorger in Santiago wirkt, im "Vatican News"-Interview am Mittwoch erklärte, ist es aber weiterhin nicht empfehlenswert, "einfach den Rucksack zu packen und loszuziehen". Öffnung bedeute "sicher nicht Rückkehr zur bisher gewohnten Normalität", es seien weiterhin Hygienevorschriften in der Kathedrale und den Herbergen einzuhalten. Pilger und Pilgerinnen sollten sich vor ihrem Aufbruch gut über die Situation informieren.

 

Hagmann wertet den Pilgerboom, der bis Corona Jahr für Jahr zunahm, als "Ausdruck einer starken Sehnsucht". Die Motive, aus denen Menschen sich auf den Weg machen, seien unterschiedlich. "Aber ich habe nicht wenige getroffen, die mir immer wieder auch freudestrahlend erzählen, ja, ich bin als Wanderer, als Sportler aufgebrochen, aber als Pilger angekommen." Der Jakobsweg gehe nicht spurlos an den Menschen vorbei, so die Erfahrung des Seelsorgers.

 

Viele Menschen würden durch die Fußwallfahrt "aus ihrem täglichen Hamsterrad aussteigen" und zu einer neuen Langsamkeit und Innerlichkeit finden. Plötzlich stünden sie vor "Fragen, für die sie sich bisher zu wenig Zeit genommen haben" - Fragen nach dem Sinn, dem eigenen Weg und auch vor der Frage nach Gott.

 

Hagmann sieht die enorme Resonanz auf das Pilgern aus als "Spiegel für unsere moderne, säkularisierte Welt". Menschen würden erfahren, dass man nur wenig braucht, um erfüllt zu sein. Statt wohlgefüllter Keller und Vorratsräume reiche plötzlich ein Stück Brot und ein Schluck Wein. "Oder das langsame Gehen: zu entdecken, dass vieles im Leben besser geht, wenn man Schritt für Schritt vorangeht", wies der Pfarrer hin. "Der Ausstieg aus einer gnadenlosen Hektik und Leistungsorientierung, vielleicht auch die Öffnung der Augen und der Sinne für das, was Gott geschaffen hat."

 

Als "das eigentliche Ziel der Wallfahrt" sieht Hagmann eine Glaubenserfahrung: "Ich betone immer, dass nicht der Weg das Ziel ist, sondern dass dieser Weg ein Ziel hat, und dass Jesus Christus unser Weg ist."

 

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