Papst-Unterstützung für Synodalen Weg?

30. Juni 2020 in Deutschland


„Ich fühle mich durch den intensiven Austausch mit dem Heiligen Vater bestärkt, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen“, sagte der DBK-Vorsitzende nach seinem Antrittsbesuch am Samstag – Welche Inhalte meint Bätzing damit genau? Von Martin Bürger


Vatikan/Bonn (kath.net/mb) Papst Franziskus hat gegenüber dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, seine Unterstützung für den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland signalisiert. „Ich fühle mich durch den intensiven Austausch mit dem Heiligen Vater bestärkt, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen“, sagte der Limburger Bischof nach seinem Antrittsbesuch im Vatikan am Samstag. „Der Papst schätzt dieses Vorhaben, das er eng mit dem von ihm geprägten Begriff der ‚Synodalität‘ verbindet. Mir war es ein Anliegen deutlich zu machen, dass die Kirche in Deutschland diesen Weg geht und sich stets an die Universalkirche gebunden weiß.“

 

Vor dem offiziellen Beginn des Synodalen Wegs am Ersten Advent 2019 hatten die Arbeitspapiere der vier Vorbereitungsforen teils gravierende Änderungen der kirchlichen Lehre gefordert. Gerade im Bereich der Sexualmoral steht das entsprechende Arbeitspapier als Diskussionsgrundlage bei den Synodalversammlungen in vielerlei Hinsicht in direktem Widerspruch zum Katechismus der Katholischen Kirche. So heißt es, „auch das lustvolle Erleben des eigenen Körpers (self sex) kann einen verantwortlichen Umgang mit der eigenen Sexualität bedeuten“. Zudem verwirklichten „auch gleichgeschlechtliche Handlungen […] positive Sinnwerte, insofern sie ein Ausdruck von Freundschaft, Verlässlichkeit, Treue und Hilfestellung im Leben sind“.

 

Schließlich müsse, so die Verfasser des Arbeitspapiers, „nicht jeder Sexualakt muss zeugungsoffen bleiben“. Stattdessen müsse es erlaubt sein, künstliche Verhütungsmittel zu verwenden. Dies stelle „keinen lebensfeindlichen Akt dar, sondern unterstützt das Recht eines Paares, gemeinsam ein verantwortliches Urteil über die Zahl der Kinder, die Abstände zwischen den Geburten und das konkrete Mittel der Familienplanung zu fällen“. Den Vorsitz des Vorbereitungsforums zum Thema Sexualmoral führte Bischof Bätzing.

 

Am vergangenen Samstag führte der DBK-Vorsitzende als Begründung für den Synodalen Weg an: „Auf dringende Herausforderungen der Kirche, die von der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen bis hin zu den dramatischen Kirchenaustrittszahlen reichen, müssen wir Antworten finden.“ Papst Franziskus habe, so Bätzing, dazu gemahnt, beim Synodalen Weg sowie beim Handeln der Kirche in Deutschland allgemein, die Armen, Alten, Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen nicht aus dem Blick zu verlieren. „Ausdrücklich bat der Papst darum, die Auswirkungen und Erfahrungen angesichts der Corona-Pandemie auf dem weiteren Weg mit zu bedenken“, sagte Bätzing.

 

Bätzing erwähnte den „Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ vom Juni 2019. Darin hatte der Heilige Vater, neben Lob für die „Synodalität“ der deutschen Kirche, auch subtile Kritik am Fokus des Synodalen Wegs geübt. Es sei falsch zu glauben, so der Papst, „die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung“ erreichen zu können. Stattdessen betonte er: „Pastorale Bekehrung ruft uns in Erinnerung, dass die Evangelisierung unser Leitkriterium schlechthin sein muss, unter dem wir alle Schritte erkennen können, die wir als kirchliche Gemeinschaft in Gang zu setzen gerufen sind; Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche.“

 

Die Presserklärung der DBK, die nach dem Antrittsbesuch von Bischof Bätzing bei Papst Franziskus veröffentlicht worden war, erwähnt das Leitkriterium der Evangelisierung mit keinem Wort. Der Presseerklärung zufolge schien es letztlich doch hauptsächlich um strukturelle Fragen zu gehen. So sagte Bätzing am Ende: „Ich hoffe, dass wir mit den Erfahrungen des Synodalen Weges einen Beitrag zur Weltbischofssynode im Oktober 2022 leisten können, die sich mit der Frage der Synodalität auseinandersetzt.“

 

Der Synodale Weg war in der Vergangenheit auch bei einigen Bischöfen in die Kritik geraten. Kardinal Rainer Maria Woelki, der Erzbischof von Köln, hatte nach der ersten Synodalversammlung Ende Januar und Anfang Februar gesagt: „Mein Eindruck ist, dass vieles, was zur theologischen Erkenntnislehre gehört, hier bei uns nicht mehr geteilt wird, und man stattdessen glaubt, die Kirche ganz neu und anders gestalten zu können. Der Blick auf die Tradition der Kirche spielt da keine große Rolle mehr.“ In einem anderen Interview kommentierte er: „Es sind eigentlich alle meine Befürchtungen eingetreten. Ich habe ja sehr deutlich gemacht, dass ich eine große Sorge habe, dass hier quasi ein protestantisches Kirchenparlament durch die Art der Verfasstheit und der Konstituierung dieser Veranstaltung implementiert wird. Das ist für mich eigentlich auch eingetreten.“

 

Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp hatte mitgeteilt, sich aus dem Synodalforum zum Thema Sexualmoral zurückzuziehen. Es sei bei den Arbeiten „in aller Offenheit und Klarheit der massive Dissens in Kernfragen zutage getreten.“ Die Lehre der Kirche werde „ersetzt durch die These, die Sexualität sei ‚polyvalent‘, das heißt sie integriere verschiedene Werte: nicht nur Fruchtbarkeit und Liebe, sondern zum Beispiel auch Lust und Identität. Innerhalb dieser Werte gäbe es keine Rangordnung. Zudem müssten nicht alle diese Werte gleichzeitig verwirklicht sein. Die Trennung von Fruchtbarkeit und Liebe wird damit – im Gegensatz zum Lehramt der Kirche – für möglich gehalten.“

 

Wegen der Corona-Pandemie wird die zweite Synodalversammlung beim Synodalen Weg nicht, wie ursprünglich vorgesehen, vom 3. bis 5. September 2020 in Frankfurt am Main stattfinden, sondern am 4. September 2020 als eintägige Konferenz zeitgleich an fünf verschiedenen Orten. Mit einer klassischen Synodalversammlung geht es im Februar 2021 weiter. Da laut Satzung für den Synodalen Weg vier Synodalversammlungen vorgesehen sind, werden die restlichen Treffen im Herbst 2021 und im Februar 2022 durchgeführt. Somit endet der Synodale Weg nicht, wie eigentlich geplant, schon Ende 2021.

 

Foto (c) Vatican Media


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