Ägypten: Wegen Pandemie keine öffentlichen Ostergottesdienste

20. April 2020 in Weltkirche


Kopten-Papst Tawadros II. feierte TV-Osterliturgie in Wüstenkloster Anba Bischoi - Vorsitzender des Medienkomitees des ägyptischen Kirchenrates P. Rafic Greiche: Coronakrise hat Christen und Muslime in Ägypten einander nähergebracht


Kairo (kath.net/KAP) Auch in Ägypten hat es in der Osternacht und am Sonntag wegen der Corona-Pandemie keine öffentlichen Ostergottesdienste gegeben. Die koptischen Osterfeiern wurden aber in Fernsehen und Radio sowie über Livestreaming-Dienste im Internet übertragen. Papst-Patriarch Tawadros II., Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, feierte die Osterliturgie im Wüstenkloster Anba Bischoi mit nur einigen assistierenden Klerikern. Auch die rund 200 Mönche des Klosters konnten den Gottesdienst nur in der TV-Übertragung mitfeiern.
Der Vorsitzende des Medienkomitees des ägyptischen Kirchenrates, P. Rafic Greiche, betonte unterdessen im Gespräch mit der italienischen katholischen Nachrichtenagentur "AsiaNews", dass die Corona-Krise Christen und Muslime in Ägypten einander nähergebracht habe, wie der Informationsdienst der Stiftung "Pro Oriente" berichtete. "Die Nachbarn helfen einander, die Familien telefonieren miteinander oder sind über die 'Social media' in Kontakt, der Wert der Solidarität wird wiederentdeckt", so P. Rafic. Vor allem die jungen Leute - Christen wie Muslime - seien bereit, für die Älteren einkaufen zu gehen und Medikamente zu besorgen.

P. Rafic - ein griechisch-katholischer Priester - würdigte die Entschlossenheit der ägyptischen Regierung im Kampf gegen das Corona-Virus. Schon zwei Tage nach Verkündigung des Pandemie-Status sei die ägyptische Gesundheitsministerin nach China gereist, um die Methoden zur Bekämpfung der Pandemie zu studieren. Die Armee habe Feldspitäler für die von der Krankheit Betroffenen eingerichtet. Auch die großen Infrastruktur-Vorhaben - wie der Bau der neuen Verwaltungshauptstadt Neu-Kairo östlich von Kairo - sei zu 90 Prozent gestoppt, weil die Baustellen "Brutstätten der Ansteckung" seien.

Die Behörden hätten nicht nur eine Ausgangssperre verhängt, sondern auch die Schließung der Gotteshäuser veranlasst - der christlichen wie der muslimischen. P. Rafic würdigte, dass diese Maßnahmen auch anlässlich des bevorstehenden Auftakts des islamischen Fastenmonats Ramadan in Kraft bleiben, öffentliche Versammlungen - auch solche religiösen Charakters - seien weiterhin untersagt. Die ägyptische Bevölkerung respektiere die Maßnahmen, betonte der Vorsitzende des Medienkomitees des ägyptischen Kirchenrates.
Auch wenn die Kirchen geschlossen bleiben müssen, werde in Ägypten tagtäglich die Heilige Messe zelebriert, betonte P. Rafic. Die Gottesdienste der verschiedenen Konfessionen - koptisch, orthodox, katholisch, anglikanisch, evangelisch - würden als Livestream im Internet verbreitet und auch von den Migranten in Europa, Nord- und Südamerika, Australien aufmerksam verfolgt. Zu Ostern konnten die Gläubigen die Messübertragungen auf sechs koptischen Kanälen miterleben, einem ökumenischen Kanal und einem Kanal, der ausschließlich die Gottesdienste von Papst Franziskus verbreite.

In den Gotteshäusern seien immer wieder Gläubige zu sehen, die entweder auf ihren angestammten Plätzen verharren oder einfach beten und eine Kerze entzünden wollen, berichtete P. Rafic. Aber es gebe auch Leute, die beichten oder die Heilige Kommunion empfangen wollen. Für viele sei das Fehlen der Gottesdienste eine große Last, betonte der Priester. Aber wie viele seiner Mitbrüder bemühe er sich, mit den Gläubigen wenigstens telefonisch in Kontakt zu bleiben: "Jeden Tag bemühe ich mich, zehn bis 15 Familien anzurufen".

Auch bei den Muslimen gehe die Seelsorge weiter, stellte P. Rafic fest. Die Muezzine verkündeten fünf Mal pro Tag vom Minarett die Einladung zum Gebet ("Adhan"). In den Medien gebe es Übertragungen aus den - ebenfalls leeren - Moscheen, um den Menschen das Gebet zu Hause zu ermöglichen.
Politische Signale

Unmittelbar vor den Ostertagen wurde bekannt, dass die staatliche Prüfungskommission für 74 weitere christliche Gotteshäuser die Übereinstimmung mit den für eine "Legalisierung" geltenden Auflagen bestätigt hat. Damit steigt die Zahl der "legalisierten" christlichen Gotteshäuser - die in der Vergangenheit unter Umgehung der Vorschriften eines osmanischen Gesetzes (das in den 1930er-Jahren von islamistisch gesinnten Beamten zusätzlich verschärft worden war) errichtet worden sind - auf 1.568. Die Liste der neu "legalisierten" christlichen Gotteshäuser wurde am Montag der orthodoxen Karwoche veröffentlicht.

Der Prozess der "Legalisierung" von Kirchen, die in der Vergangenheit ohne die erforderlichen Genehmigungen errichtet worden sind, wurde durch ein am 30. August 2016 vom ägyptischen Parlament beschlossenes Gesetz in Gang gebracht. Ein Regierungskomitee prüft jetzt, ob die in den letzten 90 Jahren errichteten christlichen Kirchen den vom Gesetz aus dem Jahr 2016 festgelegten Standards entsprechen. Der "illegale" Bau von Kirchen war in den letzten Jahrzehnten immer wieder von islamistischen Gruppierungen als Vorwand für die Inszenierung von antichristlichen Pogromen verwendet worden.

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