Maria 1.0 – das Original

14. Mai 2019 in Kommentar


Karl Rahner wusste es noch, aber es ist kaum glaublich, dass er es auch gesagt hat: „Unsere größte Sorge: dass Gott angebetet und geliebt wird.“ - Ein Gastkommentar von Helmut Müller


Kloster Maria Engelport (kath.net) Bis gestern habe ich nicht gewusst, dass ich heute einen Artikel schreibe. Ein Maiausflug mit den betagten Schwiegereltern zu einer Maiandacht in Maria Engelport in einem Moselseitental im Hunsrück ist der Grund. Seit einigen Jahren ist das Kloster von der Gemeinschaft der Anbetungsschwestern des Königlichen Herzens Jesu übernommen worden und wird von den Kanonikern des Instituts Christus König und Hoherpriester geistlich betreut. Das allein wäre auch nicht der Grund gewesen, diesen Artikel zu schreiben. Der eigenartige Zusammenfall an diesem Wochenende von Empörung gegen Männerherrschaft und angekündigtem Frauenstreik auf der einen Seite und auf der anderen Seite die liturgische Umsetzung von Maria 1.0 nenne ich es mal, wie Lukas es berichtet: „Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Das war mir diesen Artikel wert. Mir ist bewusst, dass sich Vertretern von Maria 2.0 die Fußnägel biegen, falls sie solches lesen sollten. Das Ja Marias ist allerdings nicht bloß die einfache Bekundung der Dienstbereitschaft des „weiblichen“ Geschlechts. Maria spricht hier die Dienstbereitschaft des menschlichen Geschlechts allgemein aus. Gott fragt durch den Erzengel Gabriel in Vertretung Marias die Menschheit allgemein, ob sie bereit ist, die Einwohnung Gottes in der Welt anzunehmen. Einen Mann kann der Engel ja schlecht fragen, ob er schwanger werden will. In einer Zeit in der die autonome Menschenvernunft sich alles selber sagt und „mein Wille geschehe“ geradezu gefeiert wird, wie kaum je, ist schwer zu begreifen, nach einem „mir geschehe wie du gesagt hast“ oder „Dein Wille geschehe“, zu leben.

In dieser vollbesetzten, noch nachbestuhlten Kirche wurde aber ein Dienst gefeiert wie ihn mein Schwiegervater mit Tränen in den Augen seit seiner Jugendzeit nicht mehr erlebt hatte. Es war nämlich Gottesdienst im wahrsten Sinne des Wortes. Schon der große prächtige Einzug des Priesters und der Leviten in Gewändern und Haltung, natürlich mit jeder Menge Weihrauch, machte klar dass da auch der Priester und die Leviten einem Größeren dienten und der Schwesternchor auf der Empore kann nur als Gesang der Engel wahrgenommen werden in den dann im Laufe der Andacht auch das Volk mit einstimmte. Die Aussetzung des Allerheiligsten geschah unter dem Motto Christus, dem König der Könige: Nach einem weiteren Chorgesang wurde Christus als König der Welt geehrt, erst dann wurde seine Empfängnis im Schoß seiner Mutter Maria thematisiert.

Nach dem Ende der Aussetzung und dem Gebet für den Heiligen Vater und die Kirche wurde Maria selbst am Seitenaltar als Himmelkönigin geehrt.

Dienst so begriffen, macht wiederum deutlich, wie massiv männliche Diener in der Vergangenheit den Dienst als Herrschaft missbraucht haben. Es wurde auch verständlich wie sehr bisweilen Gottesdienst zur liturgischen Selbstunterhaltung degenerieren konnte. Die eine oder andere neue Kirche unterstützt sogar architektonisch, dass Priester zentriert auftreten können und Gott im Hintergrund verschwimmt, was auch zu einem Selbstmissverständnis des Priestertums führen konnte.

Zurück aus dem Moselseitental: Maria 2.0, sogar am Samstag, dem 11.5. im ZDF heute journal, als erstes Thema beworben, nicht bloß berichtet, zeigt anschaulich wie seitenverkehrt oder unverständlich das ankommen muss, was am Sonntag danach im Flaumbachtal gefeiert wurde. Im Heute Journal wurde aus Niederolm beispielhaft die Aktion Maria 2.0 genannt, erst dann wurde der Handelskrieg zwischen den USA und China thematisiert. Die dritte Nachricht waren die Konflikte in Venezuela und dann die schlimme Situation in Syrien. Ich kann nur hoffen, dass diese Nachrichtensendung nur wenige Migranten mit Deutschkenntnissen gesehen haben. Ich würde mich vor ihnen schämen. Jeder tiefgläubige Moslem muss doch mit dem Klammerbeutel gepudert sein, sich in eine solche säkularisierte Gesellschaft zu integrieren. Und was denkt er wohl, wenn er mit Frauen mittleren Alters konfrontiert wird mit zugeklebtem Mund als Werbeikone von Maria 2.0?
Die Aktiven übrigens von Maria 1.0 waren samt und sonders unter 30 oder anfangs 30 Jahren.

Karl Rahner wusste es noch, aber es ist kaum glaublich, dass er es auch gesagt hat: „Unsere größte Sorge: dass Gott angebetet und geliebt wird.“

kath.net-Buchtipp:
Zeitgerecht statt zeitgemäß
Spurensuche nach dem Geist der Zeit im Zeitgeist
Von Helmut Müller
Hardcover, 244 Seiten
2018 Bonifatius-Verlag
ISBN 978-3-89710-790-8
Preis Österreich: 15.40 EUR

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