1. April 2019 in Weltkirche
Kardinal Jorge Bergoglio habe sich bereits im ersten Wahlgang als überraschend starker Kandidat herausgestellt, schreibt Gerard OConnell, Vatikankorrespondent von America.
Vatikan (kath.net/jg)
Das Jesuitenmagazin America hat einen Auszug aus dem Buch The Election of Pope Francis: An Inside Account of the Conclave That Changed History seines Vatikankorrespondenten Gerard OConnell veröffentlicht. (Siehe Link am Ende des Artikels) Das Buch soll im April 2019 erscheinen.
OConnell beschreibt relativ ausführlich den ersten Wahlgang am 13. März 2013 und die Schlussfolgerungen, welche die Kardinäle nach seiner Auffassung daraus gezogen haben. Die 115 wahlberechtigten Kardinäle hatten sich an diesem Tag in der Sixtinischen Kapelle versammelt, die zuvor mit den neuesten Einrichtungen zur Funkstörung ausgestattet worden war. Jegliche Verbindung mit der Außenwelt sollte unterbunden werden, ebenso das Abhören der Vorgänge in der Sixtinischen Kapelle von außen.
Der erste Wahlgang brachte einige Überraschungen, schreibt OConnell. 23 Kardinäle hatten mindestens eine Stimme erhalten. Jeder fünfte Kardinal war also einmal oder öfter genannt worden. Nur vier erhielten mehr als 10 Stimmen.
Laut OConnell waren die ersten fünf des ersten Wahlganges folgende Kardinäle: Angelo Scola mit 30 Stimmen, Jorge Bergoglio mit 26, Marc Ouelllet mit 22, Sean OMalley mit 10 und Odilo Scherer mit 4. Fünf Kardinäle erhielten zwei Stimmen, darunter auch der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn.
Der letzte Teil des Beitrages ist der Analyse des Wahlergebnisses gewidmet. Oswald Kardinal Gracias, der Erzbischof von Bombay habe ihm verraten, der heilige Geist habe den Teilnehmern am Konklave damit bereits eine bestimmte Richtung gewiesen. Andere Kardinäle hätten das Ergebnis auf die gleiche Weise wie Gracias interpretiert, schreibt OConnell.
Das Ergebnis habe gezeigt, dass Angelo Scola der einzige starke europäische Kandidat gewesen sei. Mit 30 Stimmen habe er weniger gut abgeschnitten als viele erwartet hätten. Das Ergebnis sei eine Enttäuschung für seine Unterstützer gewesen, berichtet OConnell.
Die erste Abstimmung habe auch gezeigt, dass der nächste Papst wahrscheinlich nicht aus Europa, sondern aus Amerika kommen werde. Kardinäle aus den amerikanischen Kontinenten belegten die Plätze zwei bis fünf, wobei Kardinal Odilo Scherer, der Erzbischof von Sao Paulo, mit nur vier Stimmen de facto aus dem Rennen gewesen sei.
Für Kardinal OMalley, den Erzbischof von Boston, hätten seine pastorale Erfahrung, sein einfacher Lebensstil und sein Wirken in verschiedenen Missbrauchsskandalen gesprochen. Dennoch wäre es für Katholiken der südlichen Hemisphäre schwer gewesen, einen US-Amerikaner als Papst zu akzeptieren, schreibt OConnell.
Kardinal Ouellet hätte pastorale Erfahrung und Erfahrung in der römischen Kurie mitgebracht. Außerdem habe er im ersten Wahlgang überraschend gut abgeschnitten. Ouellet habe einflussreiche Unterstützer auf seiner Seite gehabt, darunter Joachim Kardinal Meissner. Andere Kardinäle hätten ihn aber als zu durchschnittlich empfunden und seine Arbeit in der Kurie kritisch gesehen, berichtet OConnell.
Der erste Wahlgang habe gezeigt, dass Kardinal Bergoglio ein überraschend starker Kandidat gewesen sei. Es sei bekannt gewesen, dass er ein sehr heiliger Mann, bescheiden, intelligent, ein beeindruckender Seelsorger, ohne persönliche Ambitionen sei, schreibt OConnell wörtlich. Er gelte als jemand der das Rampenlicht vermeide, einfach lebe und die Armen liebe, schreibt der Vatikankorrespondent weiter.
Der Erzbischof von Buenos Aires habe sich in den Jahren vor dem Konklave als führende Persönlichkeit der Kirche in Südamerika herauskristallisiert, sei mutig, ein Visionär, der neue Horizonte für die Kirche öffnen könne und ein Mann des Dialogs, lobt ihn OConnell weiter.
Drei Faktoren hätten für Bergoglio gesprochen, schreibt er abschließend: Die lateinamerikanischen Kardinäle unterstützten ihn mit großer Mehrheit, er habe in einer kurzen, aber erfrischenden Wortmeldung während der Generalkongregation der Kardinäle gezeigt, dass er Kommunizieren und Inspirieren könne und er habe Unterstützung aus Afrika und Asien gehabt, ebenso wie aus Europa. 68 Kardinäle hätten ihn darüber hinaus als Zweitplazierten des Konklaves 2005 gekannt.
Link zum Artikel von Gerard OConnell im Magazin America (englisch):
Inside the election of Pope Francis
Foto: Symbolbild
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