Neues Buch stellt Viganòs Memorandum als Angriff auf Franziskus dar

19. November 2018 in Weltkirche


Viganò habe den Fall McCarrick dazu verwendet, um dem Pontifikat von Franziskus zu schaden. Er habe Tatsachen verdreht und Anschuldigungen erhoben, die auf wenigen Körnern Wahrheit beruhen, schreiben Andrea Tornielli und Gianni Valente.


Rom (kath.net/jg)
Ein neues Buch der beiden Vatikankorrespondenten Andrea Tornielli und Gianni Valente will die Memoranden von Erzbischof Carlo Maria Viganò in den rechten Kontext stellen und Tatsachen von Fiktionen unterscheiden. Die beiden Autoren kommen aber nicht darum umhin, die Hauptvorwürfe Viganòs zu bestätigen.

Das katholische britische Magazin The Tablet hat das Buch „Il Giorno del Giudizio“ („Der Tag des Gerichts“) wohlwollend rezensiert. Viganò habe „eine Burg von Vorwürfen auf Körnern von Wahrheit“ aufgebaut, schreibt Christopher Lamb. Das Buch wolle zeigen, wie „Tatsachen verdreht“ worden seien, um aus der „McCarrick Saga“ eine Anklage gegen Papst Franziskus zu machen.

Das Buch schöpft aus Informationen von Personen, die mit Viganò zusammengearbeitet haben und aus Quellen im Vatikan. Viele Details des Falles McCarrick blieben „mysteriös“, das Buch sei aber eine „forensische und nüchterne Analyse“, schreibt Lamb.

Laut Informationen von Tornielli und Valente habe der Vatikan bereits 1999 vom ausschweifenden Sexualleben McCarricks erfahren. John Kardinal O’Connor, der Erzbischof von New York, habe wenige Monate vor der Berufung McCarricks zum Erzbischof von Washington D.C. einen Brief nach Rom geschrieben, in dem er von „homosexueller Belästigung“ durch McCarrick berichtete. Er habe ihn in der Vergangenheit empfohlen, sei aber jetzt der Ansicht, er solle nicht für Washington ausgewählt werden, schrieb O’Connor.

Tornielli und Valente bestätigen, dass Giovanni Battista Re, der damalige Substitut des Staatssekretariats, gegen eine Berufung McCarricks nach Washington war. Die Entscheidung sei „in den päpstlichen Apartments“ getroffen worden, also von Papst Johannes Paul II. und dessen Sekretär Stanislaw Dziwisz.

Johannes Paul II. sei bei seinem Besuch in den USA 1995 von der Persönlichkeit McCarricks beeindruckt gewesen. Dennoch seien die Gerüchte um sein Fehlverhalten mit Seminaristen nicht verstummt. Im Jahr 2000 sei der Brief des Dominikanerpaters Boniface Ramsey mit entsprechenden Vorwürfen gegen McCarrick in der Nuntiatur eingelangt. Darauf angesprochen habe der damalige Bischof von Newark alle Anschuldigungen kategorisch zurückgewiesen und als Verleumdung bezeichnet. Papst Johannes Paul II. sei aus seiner Erfahrung in Polen geneigt gewesen, McCarrick zu glauben. Die kommunistische Partei habe häufig Gerüchte über sexuelles Fehlverhalten in die Welt gesetzt, um Geistliche zu diskreditieren, schreiben Tornielli und Valente.

Benedikt XVI. habe McCarrick mit Sanktionen belegt, die ihm öffentliche Auftritte und Reisen praktisch verboten hätten. Die Autoren bestätigen auch, dass McCarrick die Auflagen missachtet habe und aggressiv geworden sei, wenn man ihn darauf angesprochen habe. 2008 habe Kardinal Re in einem Brief an McCarrick die Sanktionen detailliert ausgeführt. McCarrick sei zwar aus dem Seminar, in dem er bis dahin gewohnt habe, widerwillig ausgezogen, habe aber seine Reisetätigkeit beibehalten.

Als Erzbischof Viganò 2011 Nuntius in Washington D.C. geworden sei, habe sich für McCarrick nichts geändert. Viganò habe McCarrick zu Empfängen in der Nuntiatur eingeladen, dieser habe auch am ad limina Besuch der US-Bischöfe in Rom 2012 teilgenommen und dort Benedikt XVI. begrüßt, als ob es keine Sanktionen gebe, schreiben die Autoren.

McCarrick sei zwar in die Diskussionen vor dem Konklave 2013 eingebunden gewesen, Tornielli und Valente sprechen ihm aber eine Rolle als „Königsmacher“ ab. Er sei kein Freund von Kardinal Bergoglio gewesen.

Papst Franziskus habe McCarrick auch keine offizielle Aufgabe gegeben und ihn nicht beauftragt, nach China zu fahren, wie es Viganò andeute. Die Autoren bestreiten auch die Behauptung, McCarrick habe Einfluss auf Bischofsernennungen in den USA genommen. Dies sei ein Gerücht, das diejenigen aus Frustration gestreut hätten, die jetzt keinen Einfluss mehr auf die Ernennung von Bischöfen hätten, behaupten sie.

Sie betonen weiters, dass Franziskus die Restriktionen gegen McCarrick weder geändert noch aufgehoben habe. Es sei die Frage, in wieweit Franziskus darüber informiert gewesen sei. Tornielli und Valente betonen weiters, dass es keine kanonischen Sanktionen gegen McCarrick gegeben habe, obwohl Viganò diesen Eindruck erweckt habe.

Die Autoren stellen Viganòs Vorgehen in den Kontext eines Flügelkampfes in der katholischen Kirche. Ein Kapitel des Buches trägt den Titel „Das amerikanische Schisma“. Franziskus habe dem ehemaligen Nuntius gesagt, er wolle nicht, dass die Bischöfe „ideologisiert“ seien und „Kulturkämpfer“ würden. Viganòs Memorandum habe Unterstützung von Teilen der Kirche in den USA gewonnen, die Papst Franziskus feindlich gesinnt seien. Viganò habe während seiner Zeit in den USA viele Positionen der „Kulturkämpfer“ übernommen, wie die Ablehnung der „Homo-Ehe“ und der „Verhütung auf Krankenschein“ im Rahmen der Krankenversicherung.

Franziskus sei auf Viganòs Memorandum nicht eingegangen, sondern habe Journalisten aufgefordert, den Vorwürfen nachzugehen. Gleichzeitig habe er eine interne Untersuchung über den Fall McCarrick in Auftrag gegeben. Es werde immer deutlicher, dass „Fehler gemacht wurden“ und „andere Entscheidungen hätten getroffen werden sollen“, schreibt Lamb in seiner Rezension für The Tablet. „Aber der Versuch von Viganò und seiner Verbündeten, die Geschichte für den Sturz des Pontifikates von Franziskus zu verwenden, scheinen gescheitert zu sein“, schreibt er wörtlich.



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