29. Juli 2017 in Chronik
Startschuss für die Erarbeitung erfolgte 2008 - Biblisch-Theologische Kommission des Heiligen Synods unter Vorsitz von Metropolit Hilarion lud theologische Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen zur Mitarbeit ein.
Moskau (kath.net/ KAP)
Das Moskauer Patriarchat hat den Entwurf eines "Katechismus der russischen orthodoxen Kirche" im Internet veröffentlicht (http://theolcom.ru) und zur Diskussion gestellt. Der Entwurf wurde von der Biblisch-Theologischen Kommission des Heiligen Synods erarbeitet, deren Vorsitz Metropolit Hilarion (Alfejew) innehat. Möglicherweise wird das nächste Bischofskonzil des Moskauer Patriarchats bei seiner Tagung von 29. November bis 2. Dezember dieses Jahres den Text des Katechismus beschließen, heißt es in einer Aussendung der Stiftung "Pro Oriente" vom Donnerstag.
Die sechs Abschnitte des Entwurfs drehen sich um Grundlagen des orthodoxen Glaubens (1.), der kanonischen Ordnung und des liturgischen Lebens der orthodoxen Kirche (2.), der orthodoxen Morallehre (3.), des Sozialkonzepts der russisch-orthodoxen Kirche (4.), der russisch-orthodoxen Lehre über Würde, Freiheit und Menschenrechte (5.), sowie schließlich über die Haltung zur nichtorthodoxen Christenheit (6.).
Die Abschnitte 4, 5 und 6 beruhen wortgleich auf kirchlichen Dokumenten, die bereits bei früheren Gelegenheiten vom Bischofskonzil des Moskauer Patriarchats angenommen worden sind und sollen daher nicht neuerlich diskutiert werden. Beobachter schließen daraus, dass man in Moskau Vorgänge wie beim orthodoxen Konzil auf Kreta im Vorjahr vermeiden will, wo die Frage des Verhältnisses zur nichtorthodoxen Christenheit zu dramatischen Auseinandersetzungen geführt hatte.
Neunjährige Vorarbeit
Das Bischofskonzil des Moskauer Patriarchats hatte im Jahr 2008 den Startschuss für die Erarbeitung eines modernen orthodoxen Katechismus gegeben. Im Jahr darauf wurde die Biblisch-Theologische Kommission mit der Erarbeitung eines Entwurfs beauftragt. Die Kommission lud Fachleute aus unterschiedlichen theologischen Bereichen zur Mitarbeit ein.
Im Jänner 2016 waren die Arbeiten abgeschlossen. Der Entwurf wurde bei der Plenartagung der Kommission am 29. Jänner 2016 einstimmig angenommen. Das Bischofskonzil entschied bei seinem Treffen im Februar 2016, den Entwurf an die ständigen Mitglieder des Heiligen Synods zu übermitteln, an den Ersthierarchen der russischen Auslandskirche, an die Leiter der synodalen Einrichtungen, an die Theologischen Akademien und an "jene Diözesanbischöfe, die bei der Revision des Textes mitwirken wollen". Die aus diesem Empfängerkreis kommenden Abänderungsvorschläge wurden von einer Biblisch-Theologischen Kommission in jenen Entwurf eingearbeitet, der nun veröffentlicht wurde.
Erstmaliges Projekt in der Moderne
Es handle sich um den ersten modernen Versuch dar, die orthodoxe Lehre für alle Gläubigen - vor allem die Priester - zusammenzufassen, beurteilte Stefano Caprio vom Päpstlichen Orientalischen Institut in einem Kommentar für die katholische Nachrichtenagentur "AsiaNews" das Katechismus-Projekt. Ansätze für einen solchen Dialog mit der Kultur würden sich laut Caprio, der 1989 einer der ersten katholischen Priester in der damaligen Sowjetunion war, bis zum Landeskonzil von 1917 zurückverfolgen lassen. Dann seien sie aber durch die kommunistische Kirchenverfolgung unterbrochen worden.
Freilich hätten Glaubensmärtyrer diese Ansätze im Untergrund weiterverfolgt, bis hin zu P. Aleksander Men, der im September 1990 ermordet wurde, erklärte Caprio. P. Men, ein großer Katechet und Prediger, sei es gelungen, eine lebendige und wirksame Begegnung von Glaube und Kultur zu vermitteln, deren Früchte heute bis in die offiziellen Texte des Patriarchats hineinwirkten. Mit dem neuen Katechismus gehe es der orthodoxen Kirche darum, die katechetische Weisheit der Kirchenväter aufzugreifen, aber auch die "besten Früchte der spezifischen russischen Tradition" zu integrieren.
In der Geschichte habe es in der russischen Kirche zwei einflussreiche Katechismus-Texte gegeben, erinnerte Caprio. Im 17. Jahrhundert habe Metropolit Petr Mogila in der Auseinandersetzung mit der Scholastik der lateinischen Kirche und mit den protestantischen Tendenzen der Zeit das "Orthodoxe Bekenntnis" verfasst. Der Kiewer Metropolit sei der erste gewesen, der den Begriff der "katholischen" Kirche im gemeinsamen Glaubensbekenntnis aller christlichen Kirchen mit dem russischen Ausdruck "sobornaja" (konziliar, universal) wiedergegeben habe. Mit dieser Formel und anderen Vorschlägen habe der große Kiewer Metropolit die russische Tradition als "Ort des Dialogs und der Synthese" hervorheben wollen, was ihm auch positive Reaktionen aus Rom eingetragen habe.
Ein weiterer, noch heute vielfach genutzter Text sei der Katechismus von 1823, den der damalige Moskauer Metropolit, Filaret (Drozdow), verfasste. In der Auseinandersetzung zwischen "Slawophilen" und "Westlern" sei der jahrzehntelang tätige Metropolit im Dialog mit den großen Namen beider Seiten - von Puschkin bis Turgenjew - gewesen.
Im neuen Katechismus werde zweifellos das Sozialkonzept der russisch-orthodoxen Kirche im Mittelpunkt stehen, betonte Caprio. Der heutige Patriarch Kyrill I. - damals noch Metropolit - habe im Jubiläumsjahr 2000 die Ausarbeitung der "Soziallehre" der russisch-orthodoxen Kirche veranlasst. Dieses Dokument habe sich zur ideellen Plattform für die sozialen Veränderungen der letzten Jahre in Russland entwickelt.
Der Katechismus entspreche jetzt nach Einschätzung des römischen Experten der Erfordernis des kulturellen und spirituellen Wachstums des russischen Christentums. Das Moskauer Patriarchat lege heute großen Wert auf die Katechese. Diese sei in früheren Zeiten auch von Priestern skeptisch betrachtet worden - als Nachgeben der aszetisch-spirituellen Reinheit der Orthodoxie gegenüber katholischer und protestantischer Rationalität.
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