Kirche und Staat in der Schweiz

5. November 2008 in Schweiz


Das direktdemokratische schweizerische Staatsmodell mit seiner starken Betonung der Gemeindeautonomie kontrastiert mit dem Aufbau der katholischen Kirche, die von den Bischöfen hierarchisch geleitet wird, konstatiert die Schweizer Bischofkonferenz.


Lugano (kath.net/SBK) Im Verhältnis von katholischer Kirche und Staat stellen sich in der Schweiz derzeit verschiedene wichtige Fragen, mit denen sich am 3. und 4. November in Lugano eine hochrangig besetzte Studientagung befasst hat.

Eingeladen zur Tagung „Katholische Kirche und Staat in der Schweiz“ hat die Schweizer Bischofkonferenz (SBK) in Absprache mit dem Heiligen Stuhl. Die von 70 Experten besuchte Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Institut für Kirchenrecht und vergleichendes Religionsrecht (DiReCom) der Theologischen Fakultät Lugano durchgeführt. Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund war mit einem Beobachter vertreten.

Die Tagung, gemeinsam geleitet von Bischof Kurt Koch, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, und Erzbischof Francesco Coccopalmerio, Präsident des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, sowie moderiert von Professor Libero Gerosa, Direktor des DiReCom, widmete sich in über zwei Dutzend Vorträgen den unterschiedlichsten Problemfeldern: von den Pfarrwahlen in den Kirchgemeinden und den Konflikten im Arbeitsrecht bis zu mangelnden Handlungs- und Weisungsmöglichkeiten des Bischofs als oberster Hirte in seinem Bistum und verschiedenen Modellen der Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat.

Erörtert wurden namentlich auch die Schwierigkeiten bei der Finanzierung diözesaner und überdiözesaner Aufgaben der Kirche. Das in der Schweiz verbreitete Kirchensteuersystem finanziert die Kirchgemeinden vor Ort sowie die kantonsweit tätigen Organe oft sehr befriedigend. Grössere Probleme bestehen bei der genügenden Finanzierung der Diözesen und der überdiözesanen Aufgaben auf regionaler und nationaler Ebene sowie im solidarischen Finanzausgleich zwischen den Kantonen mit unterschiedlicher kirchlicher Finanzkraft. Experten aus Italien versuchten Vorteile des in Italien, Spanien und Ungarn eingeführten Systems der Mandatssteuer aufzuzeigen.

Die föderalen Strukturen der Schweiz und die Souveränität der Kantone in Religionsangelegenheiten sorgen dafür, dass die Kantone das Verhältnis zwischen Staat und Kirche unterschiedlich und autonom regeln. Das von unten nach oben aufgebaute direktdemokratische schweizerische Staatsmodell mit seiner starken Betonung der Gemeindeautonomie kontrastiert mit dem Aufbau der katholischen Kirche, die von den Bischöfen hierarchisch geleitet wird.

Es ist die Aufgabe der staatskirchenrechtlichen katholischen Körperschaften, zwischen dem schweizerischen Staatswesen und der katholischen Kirche eine Brücke zu schlagen. Die katholischen Körperschaften kantonalen Rechts sind selbst nicht Kirche, sondern vom Staat dazu bestimmt, die Katholiken auf seinem Territorium zusammenzufassen, um die finanziellen und übrigen materiellen Voraussetzungen für das Wirken der Kirche sicherzustellen.

Die an der Tagung anwesenden Schweizer Bischöfe, Vertreter des Heiligen Stuhles und der kantonalen staatskirchenrechtlichen Körperschaften waren sich mit den eingeladenen Rechtsexperten einig, dass die in vielen Kantonen eingebürgerten Bezeichnungen „Landeskirche“ und „Kantonalkirche“ geändert werden sollen, da sie Missverständnisse über die Natur dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaften nahe legen. Auch sollten sich aus demselben Grund deren Parlamente nicht „Synode“ nennen.


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